Der Burgenbau der Slawen

Frühe Burgen

Bei frü­hen Burganlagen tau­chen als Erbauer immer wie­der die Slawen auf. Im säch­si­schen Raum waren es vor allem die Westslawen, die sich nie­der­lie­ßen und Burgen errich­te­ten. Westslawische Gruppen dran­gen seit Mitte des 6. Jahrhunderts aus dem heu­ti­gen Raum Polen, Tschechien und Slowakei ins heute deut­sche Gebiet vor. Im 7. Jahrhundert dehnte sich das sla­wi­sche Siedlungsgebiet bis an Elbe und Saale aus, außer­dem bil­de­ten sich aus den Einwanderern ver­schie­dene Stammesverbände heraus.

Zu die­sen mehr oder min­der bedeu­ten­den Stämmen zähl­ten im Raum Sachsen die folgenden:

  • Das Siedlungsgebiet der Besunzanen ist nicht ein­deu­tig belegt und wird im Neißetal oder im Elbtalkessel ver­mu­tet. Für die­sen Stamm sind zwei Burgen benannt, zu denen die Landeskrone (Görlitz) gehö­ren soll.
  • Die Daleminzier sie­del­ten an der Elbe im Meißener Land, in der Lommatzscher Pflege sowie um Döbeln und Mügeln. Sie sol­len vier­zehn Burgen gehabt haben. Ihre Hauptburg Gana wurde 928 /​ 929 erobert und zer­stört, die Daleminzier unter­wor­fen und in Folge des­sen als Markgrafschaft Meißen ins Reich eingegliedert.
  • Die Milzener besie­del­ten die heu­tige Oberlausitz mit Schwerpunkt des Raumes Bautzen. Ihnen wer­den drei­ßig Burgen zuge­schrie­ben. Die Sorben im heu­ti­gen Lausitzer Gebiet gel­ten als die Nachfahren der Milzener.
  • Die Nizizi sie­del­ten im Flussgebiet Elbe, Mulde und Schwarze Elster des heu­ti­gen Landkreises Nordsachsen. Die Existenz einer Stammesburg konnte nicht nach­ge­wie­sen werden.
  • Die Siusili sie­del­ten sich im 8. Jahrhundert im Gebiet der Leipziger Tieflandsbucht an und gehör­ten zum  Stammesverband der Sorben. Ihre Hauptburg wird im heu­ti­gen Sachsen-​Anhalt vermutet.
  • Die Sorben wan­der­ten im 8. Jahrhundert aus Schlesien und Böhmen kom­mend ein und lie­ßen sich zwi­schen Neiße und Saale nie­der. Ihnen wer­den 50 Burgen zuge­schrie­ben. Die Sorben stel­len heute eine Minderheit in der Lausitz dar.

Im Mittelalter gin­gen die Slawen in den Deutschen auf, wodurch die sla­wi­sche Sprache in die­sen Gebieten außer in der Lausitz aus­starb. Dennoch haben sich viele sla­wi­sche Orts- und Familiennamen bis heute erhalten.

Anfänge der Slawenburgen

Nachdem die ein­ge­wan­der­ten Slawen zunächst Siedlungen ange­legt hat­ten, began­nen sie im 8. Jahrhundert mit dem Bau von Burgen. Deutschlandweit soll es um die 700 Slawenburgen gege­ben haben. Bevorzugter Standort waren Niederungsgebiete sowie Höhenlagen, die bereits durch land­schaft­li­che Gegebenheiten einen guten Schutz boten und schwer zugäng­lich waren.

Slawische Burgen waren meist rund oder oval und wur­den aus Holz, Erde, Lehm und Feldsteinen errich­tet. Der Grundaufbau bestand aus einer Holzkonstruktion von meh­re­ren Metern Höhe, die mit Steinen, Geröll und Erde gefüllt wurde. Die Erde wurde direkt vor dem ent­ste­hen­den Wall aus­ge­gra­ben, wodurch gleich­zei­tig die Gräben geschaf­fen wur­den, die für Wallanlagen cha­rak­te­ris­tisch sind und die, sofern in Niederungen gele­gen, oft­mals nach­träg­lich mit Wasser gefüllt wur­den. Über die Gräben wur­den Holzbrücken ange­legt und vor die Wassergräben zusätz­lich Sträucher und Hecken gepflanzt, um wei­te­ren Schutz vor Angreifern zu schaffen.

Die Wälle selbst wur­den mit Palisaden und teil­weise über­dach­ten Wehrgängen ver­se­hen. Tore wur­den ent­we­der in die Aufbaukonstruktion oder durch den Wall hin­durch als Tunnel ein­ge­fügt. Die Wohngebäude im Burginneren wur­den neben­ein­an­der ent­lang der Burgmauer errich­tet. Das hatte den ent­schei­den­den Vorteil, dass im Falle eines Angriffs feind­li­che Geschosse mehr­heit­lich das leere Burgzentrum tra­fen und sich die Beschädigungen in ver­tret­ba­ren Grenzen hiel­ten. Viele sla­wi­sche Burgen ver­füg­ten über Vorburgen, in denen Handwerker und Schutztruppen unter­ge­bracht waren. Diese Vorburgen waren nicht so umfang­reich aus­ge­baut wie die Hauptburgen und ver­schwan­den im 10. Jahrhundert fast komplett.

Da die Slawen auf dem heute säch­si­schen und weit­hin deut­schen Gebiet keine befes­tig­ten Burgen aus Stein erbaut hat­ten, las­sen sich ihre eins­ti­gen Burganlagen mit­un­ter nur noch schwer aus­ma­chen. Wälle sind heute meist bewal­det oder wenigs­tens mit Bäumen bewach­sen und über die Jahrhunderte teil­weise stark ver­flacht, Gräben tro­cken, Inselburgen unschein­bar und Turmhügel nur noch mit geschul­tem Auge erkenn­bar. Landwirtschaftliche Nutzung hat viele Wallburgen unkennt­lich gemacht. Die meis­ten Anlagen und deren Reste ste­hen als Bodendenkmal heute unter Schutz.

In Deutschland gibt es einige wenige Nachbauten sol­cher Burganlagen. In Sachsen selbst ist lei­der keine Freilichtanlage die­ser Art vor­han­den. Empfohlen wer­den soll des­halb die Slawenburg Raddusch, die sich in der Nähe von Vetschau (Brandenburg) befindet.