Ein Schloss für 1 EUR

Das hinterher geworfene Schloss

Vor allem in der Nachwendezeit war es gän­gige Praxis, Schlösser für eine sym­bo­li­sche Mark zu ver­kau­fen. Kommunale Eigentümer ver­spra­chen sich davon viel, war es ihnen doch oft­mals selbst nicht mög­lich, die stei­gen­den Unterhaltskosten für ihre Schlösser selbst auf­zu­brin­gen, ganz zu schwei­gen von erfor­der­li­chen kos­ten­in­ten­si­ven Sanierungsarbeiten. Auch fehl­ten Ideen, wie ein leer ste­hen­des Herrenhaus sinn­voll genutzt wer­den könnte. Selbst einige bekannte Schlösser haben mit einer Museumsnutzung nicht das große Los gezo­gen; es gibt Beispiele, bei denen sol­che Museen man­gels Kostendeckung sogar geschlos­sen wer­den mussten.

Gemeinden und Städte sahen in einer Veräußerung ihrer his­to­ri­schen Immobilien Licht am Horizont: Mit dem Verkauf für eine sym­bo­li­sche Mark wurde Interessenten ein Anreiz gege­ben, in his­to­ri­sche Sanierungsobjekte zu inves­tie­ren. Doch die Hoffnung auf den denk­mal­ge­rech­ten Erhalt der Bauwerke sowie deren Nutzung wurde nicht immer erfüllt. Die Realität zeigte mehr­fach, dass die­ser eigent­lich gute Plan nicht auf­ging. Noch immer ste­hen ehe­mals für 1 sym­bo­li­sche Mark gekaufte Schlösser und Herrenhäuser leer, ohne dass eine Sanierung erfolgte. Der Putz brö­ckelt wei­ter, Nässeschäden brei­ten sich aus. Eigentümer sind nicht zu errei­chen oder leh­nen einen Verkauf ab. Dem Gebäude scha­det die­ser unnütze Leerstand, und Einwohner sind zu Recht nicht gut auf den Besitzer zu sprechen.

Diese Vorfälle waren lehr­reich. In neue­ren Kaufverträgen wird ein Kauf oft mit einer soge­nann­ten Investitionsklausel ver­bun­den. Das bedeu­tet, dass inner­halb einer fest­ge­leg­ten Zeit die Investition einer bestimm­ten Summe in das Gebäude nach­ge­wie­sen wer­den muss. Möglich ist auch, dass ver­trag­lich auf­ge­schlüs­selte Sanierungsarbeiten kon­kret belegt wer­den müs­sen, zum Beispiel die Instandsetzung des Daches. Ist die Frist ver­stri­chen und wur­den die Bedingungen nicht erfüllt, erfolgt eine Rückabwicklung und der ehe­ma­lige Eigentümer erhält das Gebäude zurück.

Mit sol­chen Klauseln, die an den Kauf geknüpft wer­den, soll mehr Sicherheit geschaf­fen wer­den, dass der Käufer ein auf­rich­ti­ges Interesse am Gebäude hat, die­ses tat­säch­lich erhal­ten möchte und sei­nen Versprechungen Taten fol­gen lässt. Wichtig bei Verhandlungen ist daher, dass Zusagen für Investitionssummen und –zeit­räume sehr sorg­fäl­tig über­dacht und rea­lis­tisch ange­setzt werden.

In Gesprächen habe ich von Kaufinteressenten mehr­fach Unverständnis für diese Vorgehensweise erfah­ren. Hauptkritikpunkt war, dass ins­be­son­dere kom­mu­nale Eigentümer froh sein könn­ten, wenn sich ein Interessent fin­det, der mit eige­nen finan­zi­el­len Mitteln ein Schloss oder Herrenhaus vor dem wei­te­ren Verfall bewah­ren und die­ses nutz­bar machen möchte.

Natürlich ist die­ser Gedanke ver­ständ­lich. Bedacht wer­den muss, dass mit einem Schloss, einem Herrenhaus, einem Rittergut deut­lich mehr Verantwortung über­nom­men wird als mit einem “nor­ma­len” Gebäude. Ein sol­ches Bauwerk steht im öffent­li­chen Blickfeld und jeder Schritt erfor­dert Sensibilität. Ein Verein, der sich jah­re­lang im Rahmen sei­ner Möglichkeiten um das Gebäude geküm­mert hat, könnte sich über­gan­gen füh­len, wenn der neue Eigentümer nicht mit ihm spricht, Einwohner könn­ten ver­är­gert reagie­ren, wenn der bis­her öffent­li­che Schlosspark auf ein­mal als Privatgrundstück dekla­riert wird und das mög­li­cher­weise auch noch mit dem Hintergrund, dass es das Schloss “geschenkt” gab.

Auch ein Schloss, ein Rittergut oder ein ein­zel­nes Herrenhaus ver­kör­pert einen Wert. Dieser Wert setzt sich aus vie­ler­lei Faktoren zusam­men wie etwa Standort und Lage, Größe und Baujahr, Zustand und Investitionsbedarf, Nutzungsmöglichkeiten und Einschränkungen. Einen sol­chen Wert hat ein jedes Gebäude, ganz gleich ob Einfamilienhaus, Fabrikhalle, Bahnhofsgebäude oder eben Schloss. Ein Schloss sollte des­halb ent­spre­chend wert­ge­schätzt wer­den, näm­lich indem ein ernst­haf­ter Interessent bereit ist, bei einem Kauf den Wert des Gebäudes als Gegenleistung zu erbringen.

Zum Glück schei­nen die Zeiten, in wel­chen Schlösser in erwar­tungs­vol­ler Hoffnung auf umfas­sende, zügige und fach­ge­rechte Sanierung für 1 € ver­kauft wer­den, vor­bei zu sein.