Bauwerke des Danewerks

Die Thyraburg

Das Danewerk ver­fügte ehe­mals über drei Burgen, von denen noch die Thyraburg anhand des recht­ecki­gen, mit Bäumen bewach­se­nen Plateaus zu erken­nen ist. Außer der Grundfläche der aus Holz erbau­ten und damals von einem Graben umge­be­nen Burg zeugt nicht mehr viel von ihrem ehe­ma­li­gen Bestehen. Die Stelle befin­det sich an einer Landzunge, die in den inzwi­schen ver­lan­de­ten Dannewerk-​See hin­ein­ragt und vor­mals von einem Graben umge­ben war.

Die Thyraburg wurde nach Thyra Danebod, Mutter von Harald Blauzahn, benannt. Sie lebte von etwa 870 bis 935 und ver­an­lasste im 10. Jahrhundert den Ausbau der Wallburg. Errichtet wurde die Thyraburg als Befestigung am öst­li­chen Ende des Danewerks zwi­schen dem Nord wall und dem Hauptwall. Die Erbauungszeit datiert schät­zungs­weise auf das 13. Jahrhundert. Das von Menschenhand auf­ge­schüt­tete Plateau ist etwa 35 m breit, 45 m lang und bis zu 5,5 m hoch. Es wird in der Forschung davon aus­ge­gan­gen, dass auf dem Plateau eine höl­zerne Turmhügelburg stand.

Die Waldemarzeitliche Burg

Die frühe Burg

Das vor­ma­lige Bestehen einer wal­de­mar­zeit­li­chen Burg bei Rothenkrug wurde anhand his­to­ri­scher Berichte erforscht und die gewon­ne­nen Erkenntnisse 2015 ver­öf­fent­licht. 1583 wur­den erst­mals Ruinen eines Tores erwähnt. Die erste Vermutung des Bestehens einer Burg ist 1634 ver­zeich­net. Um 1720 wur­den diese Vermutungen bestä­tigt. Die Burganlage ent­stand offen­bar im 12. Jahrhundert. Von der Burg sind nur Reste der süd­li­chen Erdfront erhal­ten geblie­ben. Im frü­hen 19. Jahrhundert war der nörd­li­che Teil des Burgplateaus voll­stän­dig zer­stört und abgetragen.

Die spä­tere Schanze

Auf dem Plateau der unbe­nann­ten Burg ent­stand zwi­schen 1658 und 1660 eine Schanze, wel­che Verteidigungszwecken gedient hatte. Lange Zeit fand diese Schanze nur wenig Beachtung. Die Schanze wurde erst­mals um 1720 beschrie­ben. Sie befin­det sich west­lich des Ochsenwegs an der Kreisstraße 27 und nörd­lich des Hauptwalles nahe der 2022 abge­ris­se­nen Gaststätte Rothenkrug und des Danevirke Museums.

Der Schanzenbau wurde durch Kaiserliche Truppen fünf­eckig in Sternenform gen Norden aus­ge­führt. Von die­ser Schanze sind eben­falls nur noch wenige Reste erhal­ten. Der Plateaurest ist nörd­lich vom Danevirke Museum zu erken­nen. Er ragt augen­schein­lich aus dem Wall her­aus. Östlich zum Ochsenweg hin ist die Abgrenzung nur noch wage erkenn­bar. Die Schanze hatte ursprüng­lich einen Durchmesser von 75 m.

Der Kograben

In der zwei­ten Bauphase wurde der Kograben ange­legt. Dieser befin­det sich etwa 2 km süd­lich des Danewerks und ist dem Hauptwall vor­ge­la­gert. Er erstreckte sich auf einer Länge von, je nach Quelle, 6,5 bis 7,6 oder gar 9 km von der Rheider Au bei Kurburg bis an die Südspitze des Selker Noors an der Schlei. Er ist schnur­ge­rade, was eine früh­zeit­li­che, archi­tek­to­ni­sche Meisterleistung dar­stellt. Ursprünglich bestand die Anlage aus einem 2 m hohen und 7 bis 8 m brei­ten Erdwall, dem ein etwa 4 m brei­ter und 3 m tie­fer Spitzgraben vor­ge­la­gert war.

Auf der Seite zum Graben hin war die Böschung des Walls mit einer Holzpalisade ver­se­hen, die durch schräge Stützpfeiler zusätz­lich gesi­chert wurde. Nach neue­ren archäo­lo­gi­schen Untersuchungen mit­tels Radiokohlenstoffdatierung ist die Entstehung des Kograbens um 800 mög­lich. Dabei wird er mit dem Göttrikswall gleich­ge­setzt, der im Jahr 808 vom däni­schen Wikingerkönig Gudfred, auch Göttrik genannt, auf­grund krie­ge­ri­scher Auseinandersetzungen zwi­schen den Wikingern und den Franken unter Karl dem Großen ange­legt wurde. Gudfred regierte von 804 bis zu sei­ner Ermordnung 810 von Haithabu aus. Da diese spe­zi­elle Palisadentechnik aller­dings der Bauweise ähnelt, die erst viel spä­ter um 980 beim Bau däni­scher Ringburgen ange­wandt wurde, ist die genaue Bauzeit nur schwer rich­tig zu datie­ren. Dadurch kann auch keine klare Aussage über den Auftraggeber gege­ben werden.

Der Kograben als Schifffahrtsweg?

Der Kograben war mög­li­cher­weise Teil des Schifffahrtweges zwi­schen Nordsee und Ostsee. Da die Jütland-​Umschiffung als gefähr­lich galt, könnte für die Schifffahrt auch die Route über Eider, Treene, Rheider Au und Schlei genutzt wor­den sein. Auch besteht die Möglichkeit, dass die Schiffe ab dem Selker Noor etwa einen Kilometer auf dem Trockenen gezo­gen wur­den, um auf dem wei­te­ren Weg bis zur Rheider Au den damals was­ser­füh­ren­den Kograben zu nut­zen. Dazu musste ein Höhenunterschied von 25 m bewäl­tigt wer­den. Weiterhin könnte der Kograben eine Schutzfunktion für den Handelsplatz Haithabu aus­ge­übt haben.

Erhaltungsgrad

Der Kograben ist nicht mehr voll­stän­dig erhal­ten, son­dern stel­len­weise unter­bro­chen. Ein nicht ganz 2 km lan­ges Stück ist zwi­schen der K30 /​ Rheider Weg und dem Ochsenweg sicht­bar. Ab der A7 ist der Kograben noch bis zur süd­li­chen Spitze des Selker Noors aus­zu­ma­chen. Grabungen zufolge setzte sich die Befestigung einst bis zur Treene west­lich von Hollingstedt fort. Damit war der Kograben sogar etwa 9 km lang. Heute ver­liert sich die Wallanlage in der Gegend des Ortes.

Der kurze Kograben

Etwa 300 m wei­ter süd­lich vor der Rheider Au war dem Kograben der Kleine Kograben oder auch der Kurze Kograben vor­ge­la­gert. Der Kurze Kograben wurde mög­li­cher­weise bereits vor dem Kograben errich­tet. Er soll 2 m tief und 7,5 m breit gewe­sen sein. Seine spär­li­chen Überreste wur­den 1841 ent­deckt. Er erstreckte sich über eine Länge von 700 m und wurde im Jahre 1936 beim Bau des Flugplatzes voll­stän­dig eingeebnet.

Der Margarethenwall

Je nach Quellenlage war der Margarethenwall etwa 3,3 km oder 4,5 km lang und 30 m breit. Er wurde in meh­re­ren Bauphasen errich­tet und ver­band den Hauptwall mit dem Halbkreiswall um Haithabu. Der erste Bauabschnitt wurde um 968 aus­ge­führt, dar­auf las­sen ana­ly­sierte Holzfunde schlie­ßen. Zu genau jener Zeit regierte König Harald Blauzahn. Bei Ausgrabungen wurde ein drei­pha­si­ger Wallaufbau festgestellt.

Der erste Wallbau war 13 m breit und 4 m hoch. Der zweite Wall war 17 m breit und 5 m hoch. Der dritte Wall schließ­lich erreichte eine Breite von 20 m und eine Höhe von bis zu 6,5 m. Außerdem ver­fügte der dritte Wallbau einen 2 m tie­fen und 5,5 m brei­ten Wehrgraben. Eine Datierung für den Bau der drit­ten Ausführung konnte bis­lang noch nicht durch­ge­führt werden.

Der Margarethenwall hatte die Funktion eines Verbindungswall inne. Nordöstlich der Thyraburg traf er auf den Hauptwall und begann vor­mals am Ufer des zwi­schen­zeit­lich längst ver­lan­de­ten Dannewerker Sees. An die­sem Übergang war er auf einer Länge von unge­fähr 800 m als Doppelwall ange­legt und ver­lief danach wei­ter als ein­fa­cher Wall gen Osten.

Der Doppelwall ent­stand in zwei Bauphasen. Der erste Wallbau erfolgte 968 und war 13 m breit und 2 m hoch. In der zwei­ten Bauphase wurde der Wall 18 m breit aus­ge­führt. Dazu exis­tierte gen Süden ein Vorwall von 11 m Breite und 2 m Höhe, der wohl bereits um 860 ange­legt wor­den war. Im Bereich des Doppelwalls kurz vor dem Haithabuer Halbkreiswall gibt es eine kleine Lücke, die den Gegebenheiten des Originalbaus ent­spricht. An die­ser vor­mals beson­ders feuch­ten Stelle wurde das Wallbauwerk mit einem damm­ar­ti­gen Holzunterbau ver­se­hen. Der Fällzeitraum des Holzes wurde auf 964 ⁄ 965 bestimmt.

Nördlich des Doppelwalls sind einige wenige Reste des zusätz­lich errich­te­ten Bogenwalls sicht­bar. Dieser befin­det sich in einem schlech­ten Erhaltungszustand. Der Margarethenwall selbst ist größ­ten­teils recht gut erhal­ten. Vom Halbkreiswall Haithabu bis zur B77 ver­läuft er über etwa 300 m, gefolgt von einer kur­zen Unterbrechung. Ab der Straße Bergholm in Busdorf ist er bis zur Autobahn A7 erhalten.

Die Margarethenwallstraße sowie kurz dar­auf ein Waldweg, eine Verlängerung der Straße Dannewerkredder, unter­bre­chen den Margarethenwall wie­der­holt. Auf der ande­ren Autobahn-​Seite in Richtung Hauptwall ist der Margarethenwall für das geübte Auge noch auf einer Viehweide zu erah­nen, ver­liert sich dann jedoch schnell.

Busdorfer Schlucht

Neben der Unterbrechung durch den Autobahnbau ver­fügt der Margarethenwall über eine natür­li­che Unterbrechung: Die “Busdorfer Schlucht” unge­fähr in der Mitte des Walls ist ein tro­cken­ge­leg­ter Teil des Busdorfer Teiches. An die­ser Stelle ist der größte Höhenunterschied des Danewerks zu über­win­den. Hier wird der Wall auch Reesendamm genannt.

Der Verbindungswall könnte sei­nen Beinamen von einer der bei­den däni­schen Königinnen Margarete Sambiria “Swarte Gret” († 1282) oder Margarethe I. († 1412) erhal­ten haben. Auch wenn der Baubeginn des Walls, aus­ge­hend vom frü­he­ren Sterbejahr von “Swarte Gret”, min­des­tens drei­hun­dert Jahre zurück­da­tiert, könnte er spä­ter zur Erinnerung an sie ver­ge­ben wor­den sein. Eine Befestigung bei Missunde trug eben­falls den Namen Margarethenwall, stand mit dem Danewerk aber in kei­ner Verbindung.

Der Ochsenweg

Da der Abstand zwi­schen Nordsee und Ostsee im Bereich der Schleswigschen Landenge am kür­zes­ten war, wur­den Handel und Verkehr über die Halbinsel geführt. Das Danewerk über­nahm auch hier­für eine Schutzfunktion. Es besaß, wie zunächst ange­nom­men wurde, ledig­lich ein Tor, das Wieglesdor, durch wel­ches der Grenzverkehr über den Ochsenweg, des­sen däni­scher Name Hærvejen (deutsch: Heerweg) lau­tet, führte. Entgegen dem däni­schen Namen wurde der Weg nur sel­ten als Marschroute genutzt. Vielmehr wurde dar­über der Viehhandel abge­wi­ckelt, wor­aus der deut­sche Name resul­tiert. Zur Abkürzung wurde der Heer- oder auch Ochsenweg spä­ter etwas in öst­li­che Richtung ver­legt. Die Route des Ochsenweges führte von Viborg in Dänemark nach Hamburg und Wedel.

Heute ist der Ochsenweg im Bereich des Danewerks ein Stück iden­tisch mit einer Straße, die am mitt­ler­weile abge­ris­se­nen Gasthof Rothenkrug vor­über­führt. Hauptsächlich bie­tet sich das Bild eines brei­te­ren Feld- und Wiesenweges, der teil­weise durch die Anlage des Flugplatzes Jagel zer­stört wurde. Nahe der Tweebargen sind an einem klei­nen Parkplatz über­manns­große Ochsenhörner zu finden.

Das Wieglesdor

Das Wieglesdor wurde einst als die ein­zige Passage durch das Danewerk dar­ge­stellt. Es diente vor allem der Abwicklung des Grenzverkehrs. Weitere urkund­li­che Bezeichnungen waren Weglaßthor, Heggedor, Heckenthor oder Hegthor. Das Wieglesdor wurde in den Reichsannalen von 808 sowie in einem Bericht nach Adam von Bremen im Jahre 974 genannt und war ver­mut­lich bis um 1200 in Nutzung, bevor es ver­füllt wurde.

Im August 2010 wurde ver­kün­det, dass bei archäo­lo­gi­schen Grabungen das lange ver­schol­lene Wieglesdor gefun­den wurde. Der Fundort deckte sich mit Vermutungen über die Lage des Tores. Dem vor­aus­ge­gan­gen war, dass 2008 ein ehe­ma­li­ges Café abge­ris­sen wurde, das einst auf dem heu­ti­gen Parkplatz des Danevirke Museums stand. Bei Ausgrabungen im Wall hin­ter dem ehe­ma­li­gen Standort des Cafés wurde zunächst ein Teilstück der alten Feldsteinmauer frei­ge­legt, bis ein unge­fähr 6 m brei­ter Durchlass gefun­den wurde. Eine Zollstation sowie eine Schänke mit Bordell sol­len sich dane­ben befun­den haben.

Weitere Tore im Danewerk

Mittlerweile konn­ten archäo­lo­gi­sche Befunde auf­zei­gen, dass das Danewerk nicht nur über ein, son­dern über meh­rere Tore ver­fügt hatte. Für den Kograben sind gleich zwei Tore bekannt. Ein Tor wurde bereits 1936 ent­deckt, als bei Erdarbeiten auf dem Flugplatz Jagel eine 36 m breite Lücke ohne Spuren von einem Wall oder Graben frei­ge­legt wor­den ist. An die­ser Stelle querte die Alte Landstraße den Kograben und kreuzte im wei­te­ren Verlauf den Margarethenwall, wes­halb auch in die­sem ein Tor ver­mu­tet wird.

Das zweite, deut­lich klei­nere Tor wurde 1972 öst­lich des Flugplatzes wäh­rend des Ausbaus der Autobahn gefun­den. Hier querte ein Feldweg den Kograben. Die Lücke ohne Wallspuren ist an die­ser Stelle etwa 4 m breit. Aufgrund der bei­den Tore ist es aller­dings frag­lich, ob der Kograben frü­her tat­säch­lich was­ser­füh­rend gewe­sen sein konnte. Im Osterwall, der vom Ochsenweg gequert wird, befand sich ein wei­te­res Tor.

Das Schlei-​Sperrwerk

Das Schlei-​Sperrwerk, gele­gen an der Großen Breite an der Halbinsel Reesholm gegen­über von Stexwig an der ehe­ma­li­gen Insel und heu­ti­gen Untiefe Kockbarg, ent­stand als Seesperrwerk in der ers­ten Bauphase des Danewerks. Es wurde im 8. Jahrhundert errich­tet und war zwi­schen mehr als 900 m und etwa 1.200 m lang. Ungefähr 5 x 5 m große Blöcke aus Holzplanken wur­den im Boden der Schlei ver­an­kert und rag­ten aus ihr her­aus. Damit wurde ver­mut­lich eine alte Furt bei Borgwedel abge­sperrt und gleich­zei­tig eine bestehende Lücke in der Landesverteidigung geschlossen.

Anhand den­dro­chro­no­lo­gi­scher Untersuchungen konnte die Bauzeit die­ses bemer­kens­wer­ten Sperrwerkes auf die Zeit um 737 bis 740 datiert wer­den. Es wurde zwi­schen 1925 und 1928 eher zufäl­lig bei Baggerarbeiten in der Schlei ent­deckt, erhielt aber nicht die erfor­der­li­che Aufmerksamkeit. Erst 1992 wurde diese Stelle der Holzbalkenfunde wie­der­ent­deckt und genauer unter­sucht. Ergebnis der dama­li­gen Forschungen war unter ande­rem, dass das Sperrwerk in frü­he­rer Zeit begeh­bar und sogar mit Gebäuden bebaut war. Heute lie­gen die Überreste unter Wasser.

Die Tweebargen

Nordwestlich vom Flugplatz Jagel befin­den sich am Kograben die Tweebargen. Die zwei Hügelgräber gehö­ren zu einer Kette von Grabhügeln, die einst aus mehr als 80 Monumenten ent­lang des Ochsenwegs am Danewerk bestand. Erhalten sind vier Grabhügel west­lich des Ochsenweges. Die Grabhügel der Tweebargen haben einen Durchmesser von 35 m. Sie ste­hen unter Denkmalschutz und sind 4,20 bzw. 4,40 m hoch und über einen Zwiebackweg genan­nen Weg über den Kograben zu errei­chen. Die bei­den klei­ne­ren Grabhügel befin­den sich einige Meter nord­west­lich bezie­hungs­weise süd­öst­lich entfernt.

Der Sage nach soll der legen­däre König Dan von Dänemark in einem der Tweebargen-​Hügel auf sei­nem Königsstuhl sit­zend zusam­men mit sei­nem Pferd in einer Felsenkammer begra­ben sein. So erklärt sich auch der Beiname Danhöje oder dänisch Danhøje. Aber auch in Eiderstedt bei Tönning gibt es solch einen Erdhügel mit Höhle, über den genau diese Sage erzählt wird. Darin sitzt König Dan mit sei­ner Gefolgschaft. Ein zum Tode ver­ur­teil­ter Soldat war beauf­tragt zu berich­ten, was er in der Höhle sähe. Er traf auf den schla­fen­den König Dan, dem sein Bart mitt­ler­weile lang gewach­sen war. König Dan trug dem Soldaten auf zu berich­ten, er werde zur rech­ten Zeit wie­der­kom­men und Hilfe brin­gen, und der König, wel­cher den Soldaten in die Höhle schickte, werde dann über die ganze Welt herrschen.

Das kommt bekannt vor? Schon mal so ähn­lich gehört? König Friedrich I., genannt Barbarossa, sitzt schla­fend mit lang gewach­se­nem Bart im Kyffhäuser und will eben­falls wie­der­kom­men, wenn sein Volk ihn braucht.

Die Waldemarsmauer

Die Waldemarsmauer ist eine Ziegelmauer, die auf Anordnung von König Waldemar I. dem Großen etwa ab 1165 errich­tet wurde, Höhepunkt und Endphase der Danewerk-​Bautätigkeiten. Sie sollte der Verstärkung des Hauptwalls die­nen. Vermutlich han­delt es sich bei der Mauer um die älteste ihrer Art in Nordeuropa.

Ursprünglich umfasste die Waldemarsmauer eine Länge von, je nach Quellenlage, rund 3,5 bis 4,5 km, eine Höhe von 5 bis 7 m und eine Breite von bis zu 1,8 m. Sie besaß Zinnen und einen Wehrgang aus Holz, der seit­lich an der Maueroberkante vor­bei lief. Ihr vor­ge­la­gert war zum Schutz ein 15 bis 22 m brei­ter und zwei­ein­halb Meter tie­fer Graben. Der dahin­ter lie­gende Wall war 18 m breit und 4 m hoch. Beim Tod von König Waldemar I. war der Bau der Mauer noch nicht been­det. Ob ihr Bau jemals tat­säch­lich fer­tig gestellt wurde, bleibt offen.

Abtragung der Waldemarsmauer

Nachdem das Danewerk auf­ge­ge­ben wurde, wur­den große Teile der Waldemarsmauer abge­tra­gen und ihre Ziegel noch bis ins zei­tige 19. Jahrhundert als Baumaterial genutzt. Möglicherweise wur­den auch beim Bau von Schloss Gottorf in Schleswig Steine aus der Waldemarsmauer ver­wen­det. Der Großteil der erhal­te­nen Überreste der Waldemarsmauer befin­det sich etwa 100 m vom Danevirke Museum ent­fernt. Das etwa 50 m lange Mauerstück wurde 1863 frei­ge­legt, als ein Teil des Hauptwalls zu der mili­tä­ri­schen Schanze 14 umge­baut wurde. Auch im Wall west­lich der K39 von Dannewerk in Richtung Ellingstedt sind klei­nere Mauerreste zu sehen.

Restauration der Waldemarsmauer

Die Reste der Waldemarsmauer wur­den ab 2006 bis 2008 umfang­rei­chen Sanierungs- und Sicherungs arbei­ten unter­zo­gen. Ein extra dafür auf­ge­stell­tes Schutzzelt wurde 2008 offen­bar zu zei­tig wie­der abge­nom­men, wes­halb die not­wen­di­gen che­mi­schen Reaktionen im Zuge der Mauersanierung nicht voll­stän­dig ablau­fen konn­ten. Noch im glei­chen Jahr begann der neu ein­ge­brachte Kalkmörtel zu brö­ckeln und im Herbst 2015 war der Mörtel voll­kom­men aus­ge­wa­schen. Letztlich befand sich die Waldemarsmauer in einem schad­haf­te­ren Zustand als vor der Sanierung.

Der Krummwall

Der Krummwall wurde auf einer Länge von etwa 6,5 km errich­tet. Er ver­band den süd­west­li­chen Teil des Hauptwalles mit Hollingstedt und gilt als unmit­tel­bare Fortsetzung des Hauptwalls an der Schanze 19, stellt jedoch keine bau­li­che Einheit in sich dar. Der Krummwall war teils mit und teils ohne Palisadenwall erschaf­fen wor­den. An ver­schie­de­nen Stellen konn­ten ins­ge­samt bis zu drei Bauphasen nach­ge­wie­sen werden.

Der bis zu 2,5 m hohe Krummwall ist mitt­ler­weile nicht mehr kom­plett erhal­ten. Wegdurchschnitte und Einebnungen kenn­zeich­nen sei­nen Gesamtverlauf. Wallreste haben sich auf jenen Flächen erhal­ten, die auf­grund von moo­ri­gem Untergrund in Verbindung mit einem hohen Grundwasserstand für den Ackerbau unge­eig­net sind. Der Name Krummwall geht ver­mut­lich auf seine kur­vige, nicht gerad­li­nige Ausführung zurück. Bereits im 17. Jahrhundert wurde er als „Krumbwal“ bezeichnet.

Ende des Krummwalls

Die Wallanlage des Krummwalls ist bis zur Ortschaft Morgenstern ziem­lich gut erforscht. Noch nicht ein­deu­tig erwie­sen ist, ob der Krummwall bis zur Treene in Hollingstedt aus­ge­baut wor­den ist. Möglicherweise endete er bereits öst­lich der Gehöftgruppe Matzenkamp in den Wiesen auf dem Flurstück Achterwall. Dort ist der Wall 20 m breit und es konn­ten drei Bauphasen fest­ge­stellt werden.

Die in den his­to­ri­schen Quellen nie­der­ge­schrie­be­nen Aussagen über den Ausbau des Krummwalls bis Hollingstedt gehen auf jahr­hun­der­te­lang münd­lich über­lie­ferte Berichte der Bevölkerung zurück. Als die älteste schrift­li­che Quelle ist ein Schriftstück vom Husumer Caspar Danckwerth bekannt, wel­cher 1652 die “Newe Landesbeschreibung der zwey Herzogthümer Schleswich und Holstein zus­ambt vie­len dabeij gehö­ri­gen Newen Landkarten” ver­öf­fent­lichte und eben jenen Ausbau des Krummwalls bis zur Treene in Hollingstedt beschrieb.

Hollingstedts Umwallung

Schon um 1641 wurde Hollingstedt auf meh­re­ren Karten mit einer Umwallung dar­ge­stellt, wobei die Forschung noch kei­nen defi­ni­ti­ven Nachweis für die­sen Ausbau erbrin­gen konnte. Ein Grund könnte sein, dass, wie eben­falls in der his­to­ri­schen Quelle von Danckwerth über­lie­fert ist, das Wallstück schon im Mittelalter abge­tra­gen wor­den ist, um den Wallgraben auf­zu­fül­len. Diese Aussage wird in einer Beschreibung aus dem frü­hen 18. Jahrhundert wiederholt.

In der Wikingerzeit war Hollingstedt der Nordseehafen von Haithabu, im spä­te­ren Mittelalter der von Schleswig. Im Laufe der Jahrhunderte ver­än­derte sich die Landschaft durch natür­li­che Einflüsse und mensch­li­che Eingriffe. So lässt sich auch erklä­ren, dass die noch bis ins Hochmittelalter bis Hollingstedt schiff­bare Treene heute teils ver­lan­det, teils als Auenlandschaft erhal­ten ist. Möglicherweise war Hollingstedt als wich­ti­ger Umschlagplatz für den Ost-​West-​Handel ebenso in das Verteidigungssystem des Danewerks ein­be­zo­gen wie Haithabu.

Hollingstedt ist gewach­sen und dem­entspre­chend über­baut wor­den. Etwas west­lich von Schlott ist eine leichte Bodenerhebung erkenn­bar, die in einen Feldweg über­geht und am Treene-​Deich endet. Es könnte sich hier­bei ver­mut­lich um den süd­li­chen Arm der Umwallung Hollingstedts und damit um die Fortsetzung des Krummwalls han­deln. Bereits 1841 wurde fest­ge­stellt, dass meh­rere Häuser auf dem nach Norden füh­ren­den abge­flach­ten Wall stün­den, der nörd­lich vom Ort am Wiesenweg endet. Damit könnte ein Anzeichen für den nörd­li­chen Arm der Hollingstedt-​Umwallung vor­lie­gen. Was dem­nach noch aus­steht, ist eine umfas­sende Untersuchung die­ser weni­ger als einen hal­ben Meter hohen Erhebungen.

Der Nordwall

Der Nordwall wurde um 1720 erwähnt und ist erst­mals 1757 auf einer Karte zu fin­den. 1842 wurde er in ein­schlä­gi­ger Literatur als Alter Wall bezeich­net. Einst auf einer Länge von etwa 1.600 m ange­legt, ist er heute nur noch über rund 700 m vor­han­den und stark ver­flacht. Der Nordwall ver­lief fast gerade vom Westende der Schlei bis zum ver­lan­de­ten Danewerker See. Noch recht gut zu erken­nen ist der Nordwall beid­seits der Straße Holzredder in Schleswig auf einer Weide.

Ausgrabungen fan­den sowohl in den frü­hen 1930er als auch wie­der­holt in den zei­ti­gen 1970er Jahren statt. Dabei wurde rekon­stru­iert, dass der Nordwall ursprüng­lich zwi­schen 14 und 15 m breit war. Zum Teil war der Wall mit Holzpfosten an der Frontseite ver­stärkt und im Bereich des Pulverholzbaches mit einem mas­si­ven Rahmenwerk aus Eichenholz. Davor lag ein 3 m brei­ter Absatz und wie­derum davor ein 5 m brei­ter und 3 m tie­fer Wehrgraben. Anhand den­dro­chro­no­lo­gi­scher Untersuchungen konnte eine Entstehungszeit um 737 bestimmt werden.

Der Osterwall

Einige Kilometer ent­fernt nahe Eckernförde befand sich der Osterwall (dänisch: Østervold), der mit dem eigent­li­chen Danewerk in kei­ner direk­ten bau­li­chen Verbindung stand. Der Osterwall bil­dete damals den öst­li­chen Teil der gigan­ti­schen Schutzanlage. Besondere Bedeutung kam dem Osterwall zu, da er nicht nur ins Verteidigungssystem des Danewerks inte­griert war, son­dern gleich­zei­tig auch Bestandteil wei­te­rer Verteidigungsanlagen an der jüt­län­di­schen Landenge war.

Der Osterwall erstreckte sich über etwa 3,5 km und er reichte vom Windebyer Noor bei Eckernförde im Osten bis zur Großen Breite der Schlei im Westen. Er diente der Sicherung der Halbinsel Schwansen und ver­hin­derte zusätz­lich eine Umgehung der Hauptwälle des Danewerks zwi­schen Haithabu und Hollingstedt. Einst war er bis zu 3,5 m hoch und bis zu 7,5 m breit. Der Osterwall wird von einem Hohlweg gequert, der älter als der Wall selbst ist.

Die Entstehungszeit des Ostwalls, wie er auch genannt wird, wird im Zeitraum von etwa 700 bis um das Jahr 737 ver­mu­tet. Archäologische Ausgrabungen zwi­schen 1972 und 1981 erga­ben, dass die Aufschüttung des Walls offen­bar in zwei Bauphasen erfolgte und der Wall aus zwei Abschnitten bestand. Zunächst ent­stand um 700 der öst­li­che Abschnitt nahe des Windebyer Noors. Hier hatte der Osterwall einen zusätz­li­chen Graben erhal­ten. Der west­li­che Bereich des Osterwalls an der Großen Breite wurde auf 737 datiert. In die­sem Bereich konnte eine frü­here höl­zerne Palisade nach­ge­wie­sen wer­den. Der Osterwall ver­fügte wei­ter­hin über ein Tor. An die­ser Stelle, an wel­cher ein Weg gekreuzt wurde, ver­lau­fen die bei­den Wallenden ein Stück neben­ein­an­der, so dass sich ein Versatz ergab.

Der Osterwall wurde nach der Wikingerzeit jedoch nicht wei­ter aus­ge­baut und ist heute nur stel­len­weise und extrem abge­flacht noch zu erken­nen. Sichtbare Abschnitte von einer Höhe von bis zu 3 m befin­den sich zwi­schen Kochendorf und Möhlhorst sowie in einem Waldstück in Dürwade. In Kochendorf wurde der Wall teil­weise über­baut. In der Nähe des Osterwalls konn­ten sechs wei­tere Kurzwälle aus­ge­macht wer­den. Diese sind teil­weise nur durch Luftaufnahmen über­haupt noch erkenn­bar. Ihre Funktion sowie ihre even­tu­elle Verbindung zum Osterwall konn­ten bis­lang noch nicht erforscht wer­den. Nebenwälle gibt es in Christianshöh und in Schnaap. Nördlich des Bültsees ver­läuft über 1,4 km ein Nebenwall par­al­lel zum Osterwall.

Weitere Wälle

Alter Wall auf Reesholm

Auf der Halbinsel Reesholm war mit dem 270 m lan­gen Alten Wall ein wei­te­rer Wall mit Schutzfunktion vor­han­den. Er sicherte eine Furt bei Stexwig.

Stummes Werk

Eine erste Eintragung des etwa 860 m lan­gen Stummen Werks auf einer Karte erfolgte 1757. Es trifft im Westen auf den heute tro­cke­nen Dannewerker See und geht im Osten in den Nordwall über. Der noch unda­tierte Bau wurde so aus­ge­rich­tet, dass er zum Schutz gegen Angriffe aus Richtung Norden diente. Heute ist das Stumme Werk sehr stark ver­schleift und dadurch schwer auszumachen.

Wälle im Thiergarten von Schleswig

Im bewal­de­ten ehe­ma­li­gen Thiergarten von Schloss Gottorf in Schleswig befin­den sich zwei Wallzüge, die bis­lang noch unda­tiert und nicht kon­kret zuor­den­bar sind. Sie sind jeweils etwa 400 m lang und ver­fü­gen über nach Westen vor­ge­la­gerte Gräben.


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Reaktivierung des Danewerks

Die Reaktivierung des Danewerks

Erster und Zweiter Schleswiger Krieg

Militärische Reaktivierung erfuhr das Danewerk sowohl im 19. als auch im 20. Jahrhundert. Das Gebiet des heu­ti­gen Dänemarks und Deutschlands war im 18. Jahrhundert in viele Kleinstaaten und Fürstentümer zer­split­tert. Als der natio­nale Gedanke auf­kam und sich das Volk lang­sam als Nation ver­stand, gewann auch das Danewerk wie­der an Bedeutung.

Erneut ein­ge­nom­men wurde die Grenzbefestigung von den Dänen im Schleswig-​Holsteinischen bezie­hungs­weise Ersten Schleswiger Krieg von 1848 bis 1851. Nach Kriegsende stellte der däni­sche König Friedrich VII. das Danewerk unter Schutz. Zehn Jahre spä­ter erwei­ter­ten die Dänen es unter gro­ßem Kostenaufwand um Artillerieschanzen und bau­ten es zur stark befes­tig­ten Verteidigungsanlage aus.

Die Danewerk-​Stellung galt als eine unein­nehm­bare Festung und hatte durch die Ausbauten fast seine ursprüng­li­che Größe wie­der­erlangt. 1864 unter­lag das däni­sche 40.000 Mann starke Heer im Zweiten Schleswiger Krieg, auch Deutsch-​Dänischen Krieg
genannt. Schneestürme, stren­ger Frost sowie das Übersetzen der Preußen mit­samt der öster­rei­chi­schen Verbündeten über die damals ver­eiste Schlei zwan­gen die Dänen zum Rückzug. Sie ver­lo­ren 40 % ihres Territoriums, dar­un­ter auch das Danewerk.

Zweiter Weltkrieg

1927 ist die “Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der nord- und ost­deut­schen vor- und früh­ge­schicht­li­chen Wälle vom Stromgebiet der Elbe bis zur Memel” in Kiel gegrün­det wor­den. Erste Forschungsschwerpunkte waren Haithabu und das Danewerk. Noch im Zweiten Weltkrieg sollte das Danewerk in eine Panzersperranlage umge­stal­tet wer­den. Für die Ausführung der Bauarbeiten waren 9.000 Arbeiter abkom­man­diert. Den Bemühungen von Søren Telling, däni­scher Archäologe, Angestellter im Landesmuseum in Kiel und ehe­ma­li­ges Stabs-​Mitglied der Dänischen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei, ist es zu ver­dan­ken, dass im November 1942 die Arbeiten ein­ge­stellt wur­den. Das geschah auf Intervention des SS-​Reichsführers Heinrich Himmler, an den sich Søren Telling gewandt hatte. Himmler war für das “Amt für Ahnenerbe” zustän­dig und sah sich über­zeugt, dass das Danewerk für die ari­sche und ger­ma­ni­sche Kultur bedeut­sam sei.

Lage der Schanzen

Die Schanze 14 befin­det sich in unmit­tel­ba­rer Nähe des heute frei­ge­leg­ten Teilstückes der Waldemarsmauer. Die Schanzen 15 bis 18 ste­hen im wei­te­ren Verlauf des Hauptwalls, wobei die Schanze 16 sich am heu­ti­gen klei­nen Parkplatz an der Stelle befand, wo die Straße in Kurburg den Wall unter­bricht. Die Schanze 18 stand an der vor­letz­ten Gehöftgruppe, bevor der Hauptwall endet und in den Krummwall über­geht, die Schanze 19 wurde am Wallknick und Übergang vom Hauptwall zum Krummwall erbaut.

Südöstlich von Ellingstedt ent­stand die Schanze 20. Die Schanzen 21 bis 23 wur­den süd­lich von Morgenstern vor dem Krummwall errich­tet. Zusätzlich wur­den vor den Schanzen Schleusen und Staudämme erbaut, wel­che die Rheider Au-​Niederung bei Bedarf unter Wasser set­zen konn­ten und damit unpas­sier­bar mach­ten. Beim Einmarsch der Deutschen im Februar 1864 war es aller­dings so kalt, dass außer der Schlei auch eben diese Flächen zufro­ren und kei­ner­lei Abwehrfunktion mehr dien­lich waren. Südöstlich von Hollingstedt auf der Hye befan­den sich die Schanzen 24 und 25.

Das Danewerk-​Umfeld heute

Das Danewerk wurde 1950/​1951 unter Naturschutz und im Jahre 1958 unter Denkmalschutz gestellt. Es ist eines der größ­ten archäo­lo­gi­schen Denkmäler im Norden Europas, ins­be­son­dere für die deutsch-​dänische Geschichte, und es war ein Bauwerk von höchs­ter mili­tär­stra­te­gi­scher Bedeutung. Mit der Bildung des Staates Dänemarks steht es in enger Verbindung und besitzt trotz sei­ner Zugehörigkeit zu Deutschland noch immer eine hohe emo­tio­nale Bedeutung für das däni­sche Volk. Sie betrach­ten das Danewerk nach wie vor als ein däni­sches Denkmal. Dieser Gedanke wird von deut­schen Archäologen bei der Forschung respektiert.

Seit 1990 infor­miert das Danevirke-​Museum direkt am Wall über die Geschichte des zwi­schen dem 7. und dem 12. Jahrhundert errich­te­ten Danewerks. Besonderes Augenmerk liegt auf der Dokumentation der Wikinger-​Zeit bis zu den Schleswigschen Kriegen. 2002 erfolgte ein Ausbau des Museums. In den Außenanlagen kön­nen die Überreste des berühm­ten Grenzwalls der Dänen besich­tigt wer­den, die von der “Arbeitsgemeinschaft Ochsenweg” unter Gesichtspunkten des Denkmal- und Naturschutzes instand gehal­ten wer­den. Hauptwall, Waldemarsmauer, Thyraburg und die rekon­stru­ierte Schanze 14 bil­den den archäo­lo­gi­schen Park, in dem Informationstafeln auf deutsch und dänisch über das Danewerk Auskunft erteilen.

Haithabu, die wikin­ger­zeit­li­che Handelsmetropole, als auch das Danewerk, das als das größte Bodendenkmal Nordeuropas gilt, zäh­len beide zu den bedeu­tends­ten Denkmälern der Wikingerkultur. Beide haben eine hohe tou­ris­ti­sche Anziehungskraft und sind wei­test­ge­hend unter Berücksichtigung ihres Alters noch sehr gut erhal­ten. Im Juni 2018 wur­den das Danewerk und Haithabu nach lang­jäh­ri­gen Bemühungen in dem län­der­über­grei­fen­den Projekt von Deutschland, Dänemark, Island, Lettland, Norwegen und Schweden namens “Phenomena and Monuments of Viking Culture” von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.

Im Frühjahr 2022 wur­den der his­to­ri­sche Gasthof Rothenkrug und auch das Danevirke-​Museum abge­ris­sen. Ab Mai fan­den umfang­rei­che archäo­lo­gi­sche Grabungen statt, bei denen die Fläche am Tor zum Norden unter­sucht wurde. Anschließend ent­steht bis vor­aus­sicht­lich Mitte 2024 ein moder­ner Neubau des Danevirke-​Museums. Interimsweise zieht das Museum in das Besucherzentrum am Parkplatz gegenüber.

Militärischer Flugplatz Jagel

Der Fliegerhorst Jagel bei Schleswig ist ein mili­tä­ri­scher Flugplatz, der vom Aufklärungsgeschwader 51 “Immelmann” der Luftwaffe der deut­schen Bundeswehr genutzt wird. Zum Fliegerhorst gehört die Kai-​Uwe-​von-​Hassel-​Kaserne Kropp. Bei der Anlage des Flugplatzes wur­den Teile des Danewerks unwi­der­bring­lich zer­stört. Gegründet wurde der Fliegerhorst 1916, seit­her erfolgt eine mili­tä­ri­sche Nutzung. Während der Berlin-​Blockade 1948/​1949 führ­ten die Westalliierten unter ande­rem von Jagel aus die Berliner Luftbrücke durch. In der Zeit des Kalten Krieges von 1945 bis in die 1980er Jahre war in Jagel das Marinefliegergeschwader 1 stationiert.

Das Geschwader wurde zu Beginn der 1990er Jahre als Aufklärungsgeschwader 51 “Immelmann” in die Luftwaffe über­führt und ist damit das jüngste der Luftwaffe. Eine wei­tere Besonderheit ist, dass das AG 51 “I” das ein­zige inner­halb der Bundeswehr ist, das tak­ti­sche Luftaufklärung sowohl bemannt als auch unbe­mannt aus­füh­ren kann. Von 1995 bis 2001 war das Aufklärungsgeschwader 51 “Immelmann” an Einsätzen über Ex-​Jugoslawien betei­ligt. Im Januar 2005 über­nahm es den Auftrag zur Seekriegsführung aus der Luft. Seit 2007 befin­den sich Einsatzkräfte des AG 51 “I” zur Unterstützung der ISAF in Afghanistan. Seit März 2010 leis­tet die 2. Staffel ihren Dienst als Staffel für Unbemannte Aufklärungssysteme. Im glei­chen Monat wurde mit dem Einsatz von Drohnen in Afghanistan begonnen.

DANEVIRKE-​MUSEUM
Ochsenweg 5
D‑24867 Dannewerk
www.danevirkemuseum.de


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In eige­ner Sache:

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Danewerk | Dänischer Grenzwall

Die dänische Grenzwallanlage

Das Danewerk war eine Grenzwallanlage des Früh- bis Hochmittelalters, wel­che die Dänen ver­mut­lich zum Schutz gegen sla­wi­sche Stämme errich­tet hat­ten. Ab dem 10. Jahrhundert schützte das Danewerk das däni­sche Reich über­wie­gend vor der Expansion des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Der Name “Danewerk” lei­tet sich vom däni­schen “Danæwirchi”, das mit “Deich der Dänen” über­setzt wer­den kann, ab. Weitere Übersetzungen bezie­hen sich auf den zwei­ten Wortteil “virki”, auf Deutsch Werk, sowie auf die ger­ma­ni­schen Wörter “werki” und “wirch­iae” für Wall oder Befestigung.

1231 ist im Erdbuch von Waldemar II. die Wallanlage als Danewirki bzw. Danwirki ver­zeich­net. Heute sind das deut­sche Danewerk sowie das dän­sche Danevirke die gebräuch­li­chen Bezeichnungen für die Grenzwallanlage. Die älteste bekannte, his­to­ri­sche Quelle stammt von Einhard, dem Biographen Karls des Großen. In sei­nen frän­ki­schen Reichsannalen von 808 bezeich­nete er das Danewerk als “Verteidigungswall” und “Grenze sei­nes Reiches”. Diese Auffassung gilt bis heute als Deutung des Bodendenkmals. Er berich­tete ebenso von einem Wall, der von der Ostsee bis zur Nordsee reichte, und dass der däni­sche König Godofridus den Bau des Danewerks in Auftrag gege­ben habe.

Archäologie des Walls

Über eine Gesamtlänge der ein­zel­nen Wälle von etwa 31 km ver­lief das Danewerk von Hollingstedt im Westen nach Haithabu im Osten. Die natür­li­chen Gegebenheiten dien­ten zusätz­lich dem Schutz des däni­schen Königreiches. So erschwer­ten die Schlei öst­lich von Haithabu sowie das sump­fige und unpas­sier­bare Gebiet um Eider und Treene west­lich von Hollingstedt ein Eindringen nach Dänemark. Speziell hier an der Schleswiger Landenge, ein etwa 4,5 km brei­ter Tieflandpass zwi­schen Schleswig und Kurburg, reichte ein Sperrwerksystem von unge­fähr 13 km Länge, um das däni­sche Gebiet zu schüt­zen. Der Ostwall, eine Schanzenstellung zwi­schen Windebyer Noor bei Eckernförde und der Schlei, sollte die Halbinsel Schwansen schüt­zen und ist räum­lich vom Danewerk getrennt.

Wie bedeu­tend die Anlage einst gewe­sen sein muss, lässt sich aus der Größe des ste­hen­den Heeres ablei­ten: 13.000 Mannen waren einst mit dem Schutz, der Verteidigung und mit dem wei­te­ren Ausbau der Wallanlage beschäf­tigt. Archäologisch ist der Wallbau in die­ser Größenordnung aller­dings nicht nach­weis­bar. Geografisch ist zudem zu berück­sich­ti­gen, dass Hollingstedt noch recht weit von der Nordsee ent­fernt liegt und von einer Wallanlage west­lich Hollingstedts bis an die Nordseeküste nir­gendwo die Rede ist. Allerdings war die Treene zur dama­li­gen Zeit bis Hollingstedt schiff­bar, so dass über die Treene und wei­ter über die Eider der Zugang zur Nordsee gege­ben war.

Erhaltungsgrad

Die Wallanlagen des Danewerks sind zu fast 80 Prozent erhal­ten. Es muss berück­sich­tigt wer­den, dass ein Erdwall im Laufe der Jahrhunderte durch äußere Einflüsse zusam­men­sinkt. So war 1948 nur noch etwa ein Fünftel die­ses Systems von Wällen in unge­fähr ori­gi­na­ler Höhe erhal­ten. Die Wälle waren dem­nach ursprüng­lich höher und ver­mut­lich auch stei­ler gewe­sen. An eini­gen Stellen ver­läuft die Wallanlage durch bebaute Ortslagen und Wohngebiete, ent­lang von Straßen und Wanderwegen, sie grenzt an Gewerbegebiete und an den mili­tä­ri­schen Flugplatz Jagel und dient als Ackerland.

Der Göttrikswall

Basierend auf den frän­ki­schen Reichsannalen wird noch unter Sophus Müller der Hauptwall mit­samt dem Krummwall als Göttrikwall ange­se­hen, jener Wallzug, der laut den Annalen von der Ostsee bis zur Nordsee reichte. Die neue­ren Forschungen brach­ten auch neue Ergebnisse: So wurde mit­tels den­dro­chro­no­lo­gi­scher Untersuchungen eine erste Bauphase am Hauptwall und auch am Krummwall auf das begin­nende 8. Jahrhundert datiert, wäh­rend der Kograben gut ein Jahrhundert jün­ger sei und auf das Geheiß von König Gudfred, der von 804 bis 810 in Haithabu regierte, ange­legt wor­den sein soll.

Damit würde einer­seits der Kograben als Göttrikswall betrach­tet wer­den kön­nen, ande­rer­seits war die­ser nur etwa 7 km lang und reichte kei­nes­wegs bis zur Nordsee. Ob Einhard sich in den Reichsannalen viel­leicht auf die bei­den Wälle vor Gudfreds Zeit bezo­gen hat, bliebe noch­mals nachzuprüfen.

Historische Entwicklung

Im Jahr 974 stürm­ten die Truppen von Kaiser Otto II. das schon stark befes­tigte Danewerk und erober­ten die jüt­län­di­sche Halbinsel. Der däni­sche König leis­tete einen Lehnseid, wor­auf­hin das Gebiet zwi­schen Schlei und Eider wie­der deut­sche Grenzmark wurde, so wie einst schon 810, als Karl der Große eine Grenzmark des Fränkischen Reichs gegen die Dänen errich­tete. Mit die­ser Übereinkunft zwi­schen dem Dänenkönig und Otto II. ver­blieb das Danewerk offen­bar als däni­sche Grenze.

Etwa ein hal­bes Jahrhundert spä­ter, im Jahre 1027, trat der Kaiser Konrad II. dem däni­schen König Knut dem Großen Schleswig mit jener Grenzmark anläss­lich der Vermählung ihrer bei­den Kinder wie­der ab. Die Grenze zwi­schen Deutschland und Dänemark ver­lief end­gül­tig süd­lich des Danewerks ent­lang der Eider.

Spätestens als Holstein zu Beginn des 13. Jahrhunderts däni­scher Reichsteil wurde, ver­lor das Danewerk seine Funktion als mili­tä­ri­sche Befestigungsanlage und begann zu ver­fal­len. Auch wenn Holstein sich der däni­schen Herrschaft 1227schließlich ent­le­di­gen konnte, kam dem Danewerk keine Verteidigungsfunktion mehr zu, denn die Beziehungen zwi­schen dem deut­schen Holstein und dem däni­schen Schleswig wur­den enger. Außerdem gewan­nen zu jener Zeit befes­tigte Burgen zuneh­mend grö­ßere mili­tä­ri­schere Bedeutung. Erst im Deutsch-​Dänischen Krieg 1864 erlebte das Danewerk eine Renaissance.

Historische Zeitzeugnisse

In einer 1794 erstell­ten Verkoppelungskarte sind an drei Stellen wei­tere Wallreste gekenn­zeich­net. Zum einen ist ein Wallstück ein­ge­zeich­net, wel­ches an der Straße Hollingstedt-​Klove beginnt, ent­lang des heu­ti­gen Mühlenweges bis zum Wegeknick ver­läuft, dort in öst­li­che Richtung abbiegt und am Schlippenwasserlauf endet. Ein zwei­tes Stück ver­läuft bis zum Westrand der Gehöftegruppe Busch. Das dritte Wallstück ver­läuft im Flurstück Achterwall, in älte­ren Karten auch als Sönckensholt und Sankt Johannisholtz bezeich­net, und endet dort, wo sich auch heute der Wall verliert.

Als 1974 mit dem Bau der NATO-​Pipeline begon­nen wurde, die zwi­schen der Gehöftegruppe Busch und dem Schlippenwasserlauf ver­läuft, wur­den einige Wallreste ent­deckt, wel­che die Glaubwürdigkeit der Karte von 1794 unter­stüt­zen. Bereits frü­here Grabungen bestä­tig­ten dies.

1841 wurde das Gelände west­lich von Morgenstern unter­sucht und im Ergebnis fest­ge­hal­ten, dass der Krummwall noch circa 125 bis 150 Meter in den Hollingstedter Wiesen sowie von der “Schmalenburg” bis zur “Treenburg” sicht­bar sei. Die zwei Flurnamen Schmalenburg und Treenburg bezeich­nen jeweils Wiesengrundstücke. Schmalenburg befin­det sich öst­lich der Gehöftegruppe Busch und war­tet mit einem klei­nen Wallstück auf. Treenburg grenzt an die Ostseite des Mühlenweges. Die Herkunft die­ser Namen ist nicht bekannt. Auch die Existenz von Burgen oder ande­ren Befestigungsanlagen mit die­sen Namen ist bis­lang noch nicht unter­sucht worden.

Der Bau des Danewerks

Der Hauptwall des Danewerks weist nach neu­es­ten Erkenntnissen ins­ge­samt neun Bauphasen auf, von denen die ers­ten acht dem Mittelalter zuzu­ord­nen sind. Die letzte Bauphase erfolgte ab 1861, als die Reaktivierung des Danewerks in Gang gesetzt und mili­tä­ri­sche Schanzen gebaut wur­den. In den Bauphasen 1 bis 4 han­delte es sich ent­spre­chend der frü­hen Architektur um Erdwälle mit höl­zer­ner Frontpalisade sowie davor lie­gen­dem Graben. Während bis zur drit­ten Bauphase Umbauten zur Verstärkung der Befestigungsanlage durch­ge­führt wur­den, indem der Krummwall und der Hauptwall als Sodenwälle von Hollingstedt an der Treene bis zum Dannewerker See aus­ge­führt wur­den, stellt die vierte Phase eine Erneuerung des Walls dar. Als diese vierte Phase wird jeder Wallbau ange­se­hen, der auf das Jahr 737 datiert wer­den konnte und als die Hauptbauphase “Danewerk I” betrach­tet wird.

In der fünf­ten Bauphase ent­stand wahr­schein­lich um 1100 eine vor dem Wall befind­li­che Feldsteinmauer. Dieser Bau hielt jedoch den Witterungseinflüssen nicht lange stand, wes­halb eine Stabilisierung mit­tels Aufschüttungen zwi­schen Mauer und Wall sowie der Bau eines Wehrgangs auf der Wallkrone pro­biert wur­den. Nach einem erneu­ten Absturz wurde die Feldsteinmauer schließ­lich in der sieb­ten Bauphase mit Erde überschüttet.

Die achte Bauphase bezieht sich vor allem auf die Waldemarsmauer, die König Waldemar der Große als Ziegelmauer unmit­tel­bar vor dem letz­ten Bau errich­ten ließ. König Waldemar I. war der Sohn von Knud Lavard, Jarl und Herzog von Schleswig, der als mög­li­cher Erbauer der Feldsteinmauer betrach­tet wird. Legt man jedoch zugrunde, dass Lavard 1100 gerade 4 Jahre alt war, muss davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Feldsteinmauer ent­we­der einige Jahre nach 1100 ent­stand oder von Lavards Vater König Erik I. von Dänemark beauf­tragt wurde.

Archäologischen Untersuchungen zufolge wird von drei gro­ßen Bauphasen berich­tet. Die erste nach­weis­bare Hauptbauphase begann etwa um 700. Um 1180 endete die dritte Hauptbauphase. Doch weder archäo­lo­gisch noch zeit­lich belegt sind mit dem jet­zi­gen Wissensstand die bereits erwähn­ten Vermutungen eini­ger Forscher, dass schon vor dem Danewerk I drei ältere, vor­wi­kin­ger­zeit­li­che Ausführungen des Bauwerkes, die Bauphasen 1 bis 3, ent­stan­den waren.

Zum einen wur­den die Jahre 650 sowie 680 ins Spiel gebracht, zum ande­ren sol­len die Anfänge des Danewerks bis ins 5. Jahrhundert zurück­rei­chen. Noch eine andere Quelle bezieht sich auf die Römische Kaiserzeit, in wel­cher ein ers­ter Vorläufer des Danewerkes ent­stan­den sein soll. In der Archäologie wird die Zeit der Frühgeschichte bis 375 n. Chr. der Römischen Kaiserzeit zugeordnet.

Sollten die Forschungen ein­mal bele­gen, dass tat­säch­lich bereits zu die­ser Zeit ein Vorgänger des Danewerks exis­tiert hat, wäre das Danewerk noch über 300 Jahre älter als heute ange­nom­men. Einzig dass die vor­wi­kin­ger­zeit­li­chen Wälle simple Erdwälle waren, wäh­rend die Wikinger ihre Befestigungsanlage zu einer mäch­ti­gen Wallanlage aus­bau­ten, gilt als gesichert.

Hauptbauphasen I – III

Bauphase I – Hauptwall, Nordwall, Osterwall, Schlei-Sperrwerk

In der ers­ten Bauphase des Danewerks ent­stan­den das Schlei-​Sperrwerk, der Hauptwall, der Nordwall, der Ostwall bezie­hungs­weise Osterwall sowie eine 5,5 km lange mit Lehm befes­tigte Feldsteinmauer von jeweils 3 m Höhe und Breite. Für den etwa 1,6 km lan­gen Nordwall, wel­cher vom Westende der Schlei bis zum ver­lan­de­ten Danewerker See ver­lief, konnte eine Entstehungszeit um 737 bestimmt wer­den. Einige Kilometer ent­fernt nahe Eckernförde befand sich der Osterwall, der mit dem eigent­li­chen Danewerk in kei­ner direk­ten bau­li­chen Verbindung stand. Dieser Abschnitt wurde nach der Wikingerzeit nicht wei­ter aus­ge­baut und ist heute nur noch stel­len­weise und extrem abge­flacht zu erkennen.

Die Erbauungszeit des Danewerk I lag zwi­schen 700 und 750 und wird genauer auf das Jahr 737 datiert. Dieser Datierung lie­gen den­dro­chro­no­lo­gi­sche Untersuchungen, das heißt Auswertungen von Jahresringen von Bäumen, zugrunde. Mit einer Holzpalisade als Wallfront ent­stand ein etwa 2 m hoher und 12 m brei­ter Erdwall. Da es keine gesi­cher­ten his­to­ri­schen Erkenntnisse gibt, kann über den Anlass der Erbauung nur spe­ku­liert wer­den. Möglicherweise diente die Anlage der Verteidigung gegen die nord­elbi­schen Sachsen oder die sla­wi­schen Stämme, die im heu­ti­gen Raum Ostholstein ansäs­sig waren.

In einer ande­ren Quelle ist der Gedanke nach­zu­le­sen, dass der Hauptwall jün­ger sein müsse. In der Begründung wird haupt­säch­lich ange­führt, dass der Hauptwall und Haithabu keine Verteidigungslinie bil­den und vor dem Hauptwall sich ein Sohlgraben befin­det, eine Grabenart, die erst nach den Spitzgräben wie etwa beim Kograben aus­ge­führt wurde.

Die für am wahr­schein­lichs­ten gehal­tene Bauzeit des Hauptwalls wird mit “zwi­schen 935 und 950” ange­ge­ben. Dem gegen­über ste­hen aller­dings meh­rere Gegenargumente: Einerseits die zuvor erwähn­ten den­dro­chro­no­lo­gi­schen Untersuchungen mit ihren Datierungsergebnissen, ande­rer­seits die Verbindung des Hauptwalls mit dem Halbkreiswall von Haithabu mit­tels des Verbindungs- bzw. Margarethenwalls. Während sei­ner Regierungszeit von 804 bis 810 ließ der däni­sche König Gudfred zur Sicherung von Haithabu das Danewerk um den Kograben erwei­tern, der fast bis an den Hauptwall reichte. Dadurch ist die Ostsee-​Nordsee-​Verbindung gege­ben, die Einhard in sei­nen Reichsannalen 808 vermerkte.

Bauphase II – Kograben

In der zwei­ten Bauphase wurde der Kograben, dänisch Kovirke, errichtet.

Bauphase III – Hauptwall, Krummwall und Margarethenwall

In der drit­ten Bauphase wurde der etwa 5 km lange Hauptwall zwi­schen 960 und 970 unter dem Dänenkönig Harald Blauzahn mehr­fach erwei­tert. Dieser erreichte nun eine Höhe von bis zu 7 m und war bis zu 30 m breit. Weiterhin ent­stan­den der Margarethen- oder auch Verbindungswall, der Krummwall, der Bogenwall sowie der Doppelwall. Die bei­den zuletzt genann­ten Wälle wur­den nörd­lich und süd­lich des Verbindungswalles am Hauptwall ange­fügt. Die Struktur des Walls wurde beim Bau der mili­tä­risch genutz­ten Schanzen in der zwei­ten Hälfte des 19. Jahrhunderts teil­weise erheb­lich zerstört.

Kastenbauwerke

Nahe der Thyraburg, wo der Hauptwallzug den mitt­ler­weile ver­lan­de­ten Dannewerker See durch­quert, wur­den 1929 meh­rere große Holzbalken in feuch­te­ren Bodenschichten auf­ge­fun­den. Forschungen im Jahr 1972 erga­ben, dass es sich um ein Kastenbauwerk von 6 x 4 m Größe aus Eichenbalken han­delte. Mittels Dendrochronologie konnte das Jahr 737 für die­ses Kastenbauwerk fest­ge­stellt wer­den. 1983 wurde fest­ge­stellt, dass es sich um eine Fortsetzung der Feldsteinmauer han­delt. Das 1972 auf­ge­fun­dene Bauwerk ist im Museum Moesgård im däni­schen Højbjerg aus­ge­stellt. Weitere seit­her loka­li­sierte Kastenbauwerke wur­den nicht gebor­gen. Über dem Kastenbauwerk wur­den im 10. Jahrhundert Aufbauten vorgenommen.


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Haithabu – Die Wikinger-Metropole

Die Metropole der Wikinger

Die einst größte Wikingerstadt des Nordens und der bedeu­tendste Handelsplatz der Dänen wurde durch einen Halbkreiswall geschützt und in die Grenzwallanlage des Danewerks ein­ge­bun­den. Die Metropole Haithabu mit ihren ver­mut­lich andert­halb­tau­send Einwohnern stand im 10. Jahrhundert in ihrer Blütezeit.

Haithabu konnte sich nach einer zwei­ma­li­gen Zerstörung, zuletzt im Jahre 1066, nicht mehr erho­len. Ein Wiederaufbau erfolgte nicht. Vielmehr ver­leg­ten die Einwohner ihre Siedlung an das andere Ufer der Schlei. Schleswig darf somit als Nachfolgesiedlung von Haithabu ange­se­hen wer­den. Das zer­störte Haithabu ver­fiel wei­ter. Der Wasseranstieg von Ostsee und Schlei ließ die Überreste schließ­lich ver­sin­ken und vergessen.

Die Geschichte von Haithabu

Mit der Völkerwanderung rück­ten die Dänen und die Jütländer in der ers­ten Hälfte des 8. Jahrhunderts in das bis dahin dünn besie­delte Land um Schlei und Eckernförder Bucht vor. Haithabu wurde spä­tes­tens um das Jahr 770 süd­lich des heu­ti­gen Walls gegrün­det und hält den Status inne, die älteste Stadt auf ehe­ma­li­gem däni­schem Gebiet zu sein. Im 9. Jahrhundert ent­stan­den zwei wei­tere Siedlungen, eine nörd­lich des Walls und eine zwi­schen den bei­den Siedlungen am Haithabu-​Bach. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts wur­den der nörd­li­che und süd­li­che Teil wie­der auf­ge­ge­ben. Die mitt­lere Siedlung blieb bestehen und wurde in der zwei­ten Hälfte des 10. Jahrhunderts durch einen Halbkreiswall in die Grenzanlage des Danewerks integriert.

Haithabu avan­cierte schon bald als Hafenstadt zum bedeu­tends­ten Handelszentrum der Dänen. Dazu tru­gen Handelsbeziehungen mit dem Baltikum, der süd­li­chen Ostseeküste sowie Nord- und Westeuropa bei. Auch mit der spä­ter unter­ge­gan­ge­nen Stadt Vineta sowie mit Ralswiek wur­den Handelsbeziehungen gepflegt. Weiterhin dien­ten die Zerstörung des kon­kur­rie­ren­den sla­wi­schen, spä­ter eben­falls unter­ge­gan­ge­nen und sagen­um­wo­be­nen Handelsortes Reric im Jahr 808 und die Zwangsumsiedlung der Rericer Kaufleute nach Haithabu des­sen Aufstieg. Im 10. Jahrhundert erreichte Haithabu seine Blütezeit und zählte min­des­tens 1.500 Einwohner.

König Gudfred und Sliasthorp

Der däni­sche König Gudfred regierte von 804 bis zu sei­ner Ermordung 810 von Haithabu aus. Er gilt als Begründer von Schleswig, wel­ches 804 erst­mals als “Sliasthorp” erwähnt wurde, und ließ zur Sicherung von Haithabu das Danewerk um den vor­ge­la­ger­ten Kograben erweitern.

810 soll unter Karl dem Großen eine Grenzmark des Fränkischen Reichs gegen die Dänen errich­tet wor­den sein, die Dänische Mark oder auch Mark Schleswig, die sich nörd­lich der Eider bis zum Danewerk sowie zwi­schen Husum und Schleswig erstreckte. Sie könnte aber auch erst ent­stan­den sein, als König Heinrich I. 934 in der “Schlacht von Haithabu” die Dänen besiegte und die Stadt eroberte. Bis dahin hatte König Chnuba, aus einer schwe­di­schen Dynastie stam­mend, über die Stadt Haithabu geherrscht.

Heinrich I. bezog als neuer Markgraf seine Residenz in Haithabu. Damit fiel das Gebiet für etwa ein Jahrhundert an das Heilige Römische Reich. Als Verbindung des Fränkischen Reichs mit Skandinavien in der Süd-​Nord-​Ausdehnung sowie zwi­schen der Ostsee und Nordsee in der Ost-​West-​Ausbreitung stieg es zum zen­tra­len Warenumschlagplatz auf.

Bereits um 850 war in Haithabu die erste christ­li­che Kirche errich­tet wor­den, ver­mut­lich unter dem Erzbischof Ansgar von Hamburg. Obwohl die­ser Bau urkund­lich belegt ist, konnte er bis­lang archäo­lo­gisch bis auf eine aus dem 10. Jahrhundert stam­mende, 1978 gebor­gene Bronzeglocke noch nicht nach­ge­wie­sen wer­den. Nachdem Kaiser Otto Haithabu besucht hatte, wurde die Stadt 948 Bischofssitz. Im glei­chen Jahr hatte der däni­sche König Harald Blauzahn die Hoheit des Kaiserreiches aner­kannt. 983 eroberte er Haithabu von den Franken zurück, auch wenn die Stadt noch um das Jahr 1000 zum Machtbereich des deut­schen Kaisers zählte.

1050 wurde die Handelsstadt in einer Schlacht zwi­schen Harald Hardrada von Norwegen und Sweyn II. zer­stört. Der sie umge­bende neun Meter hohe Wall mit zusätz­li­cher Palisade hielt den Kämpfen nicht stand. Der Wiederaufbau erfolgte nur teil­weise. Die Slawen plün­der­ten und zer­stör­ten Haithabu 1066. Daraufhin ver­leg­ten die Einwohner ihre Siedlung an das andere Schlei-​Ufer nach Schleswig, das Haithabus Erbe über­nahm. Vermutlich war auch der Hafen mitt­ler­weile zu klein für die immer grö­ße­ren Handelsschiffe gewor­den. Haithabu wurde nicht wie­der auf­ge­baut und ging verloren.

Schleswig wurde spä­ter Hauptstadt des Herzogtums Schleswig und hat heute etwa 25.500 Einwohner. Zu den sehens­wer­ten Bauwerken in Schleswig zäh­len das Schloss Gottorf mit dem Riesenglobus, der Dom und der Wikingturm.

Die Siedlung der Wikinger

Haithabu war zwi­schen dem 9. und 11. Jahrhundert ein Siedlungsplatz der Wikinger und eines der bedeu­tends­ten wirt­schaft­li­chen, poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Zentren des Nordens. Nach dama­li­gen Maßstäben konnte Haithabu als Weltstadt des Mittelalters bezeich­net wer­den. Es war Hauptumschlagsplatz zwi­schen Skandinavien, dem Nordseeraum und dem Baltikum. Im Jahre 1066, das Jahr, in dem auch die Wikinger-​Zeit endete, wurde Haithabu bei einem Brand zer­stört und nicht wie­der auf­ge­baut. Die in Vergessenheit gera­tene Siedlung wurde erst 1897 wiederentdeckt.

Haithabu war von einem noch gut erhal­te­nen Halbkreiswall von etwa 600 m Durchmesser umge­ben. Es lag süd­lich der Stadt Schleswig am Haddebyer Noor zwi­schen Nordsee und Ostsee. In der Nähe befin­den sich das Danewerk, das Haithabu zusätz­lich schützte, sowie der his­to­ri­sche Heerweg, auch als Ochsenweg bekannt. Heute heißt das Gebiet um Haithabu Haddeby und gehört zur Gemeinde Busdorf im Kreis Schleswig-​Flensburg. Das Gelände inner­halb des 1,3 km lan­gen und bis zu 10 m hohen Halbkreiswalls ist etwa 26 ha groß.

Das Rätsel um den Namen

Lange Zeit war die Namensgebung unklar. Haethum in angel­säch­si­schen Quellen vom Ende des 9. Jahrhunderts und Haithabu auf Runensteinen aus dem 10. Jahrhundert einer­seits, Sliesthorp in den Fränkischen Reichsannalen aus dem zei­ti­gen 9. Jahrhundert und Sliasvich bei Rimbart in der Mitte des glei­chen Jahrhunderts ande­rer­seits, führ­ten zu Verwirrung und zu der Frage, ob mit Haithabu und Schleswig viel­leicht zwei Siedlungen par­al­lel bestan­den haben könnten.

Bodenfunde lie­ßen diese Möglichkeit jedoch wie­der ver­wer­fen. Die Umsiedlung der Einwohner von Haithabu nach Schleswig erfolgte wahr­schein­lich in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Viel wahr­schein­li­cher ist, dass meh­rere Namen auf­grund der ver­schie­de­nen Bevölkerungsstämme benutzt wur­den und diese im Laufe der Jahrhunderte, als die Siedlung inner­halb des Halbkreiswalls bestan­den hatte, ange­passt wor­den waren. Der Name Haithabu geht ver­mut­lich auf die Dänen und der Name Sliasvich auf die Sachsen zurück. Die Siedlung am Nordufer der Schlei wurde nach der Aufgabe von Haithabu letzt­end­lich Schleswig genannt.

Handelsschauplatz der Wikinger

Haithabu lag stra­te­gisch güns­tig an der Kreuzung von zwei wich­ti­gen Handelsrouten. Die Nord-​Süd-​Verbindung von Viborg in Jütland nach Hamburg führte nur wenige Kilometer west­lich von Haithabu über den Ochsenweg. In West-​Ost-​Richtung gab es die Seehandelsroute zwi­schen Nordsee und Ostsee, die über die Flüsse Eider, Treene, Rheider Au und Schlei führte. Die eine Theorie besagt, dass die Schiffe von der Rheider Au zum Selker Noor über Land gezo­gen wur­den, eine zweite These sieht den Kograben des Danewerks als ehe­mals was­ser­füh­ren­den Schifffahrtskanal.

In Haithabu wur­den eigene Münzen geprägt und Waren aus der gesam­ten damals bekann­ten Welt gehan­delt. Aus Irland, Norwegen, Schweden, dem Frankenreich, England und dem Baltikum kamen über­wie­gend Rohstoffe, wäh­rend Luxusgüter, dazu zähl­ten unter ande­rem Gewürze, haupt­säch­lich aus Bagdad und Konstantinopel impor­tiert wur­den. Funde von eiser­nen Fuß- und Handfesseln las­sen dar­auf schlie­ßen, dass Haithabu sehr wahr­schein­lich auch ein grö­ße­rer Marktplatz für den Sklavenhandel war.

Beste Voraussetzungen

Die Voraussetzungen für Haithabu waren opti­mal, um zu einer bedeu­ten­den Stadt her­an­zu­wach­sen. So führ­ten neben dem Seehandel auch die Zuwanderung von Handwerkern und die zwangs­weise Ansiedlung von Kaufleuten aus dem vom Dänenkönig Gudfred zer­stör­ten Reric zu einem Anstieg der Einwohnerzahl. Die Bevölkerung von Haithabu war nicht auf ihre Selbstversorgung ange­wie­sen. Die Bauern aus der nähe­ren Umgebung erziel­ten einen Getreideüberschuss, den sie in die Stadt ver­kauf­ten. So konn­ten sich in Haithabu viele andere Berufe eta­blie­ren und Handwerker spezialisieren.

In der zwei­ten Hälfte des 10. Jahrhunderts, in der Zeit, als Haithabu vor­über­ge­hend zum Heiligen Römischen Reich gehörte, gewan­nen die Herstellung und Bearbeitung von Tonwaren, Glas und Werkzeug an Bedeutung. Die große Anzahl an gefun­de­nen bun­ten Glasperlen lässt einer­seits den Rückschluss auf Schmuckherstellung zu, ande­rer­seits avan­cier­ten Glasperlen im Frühmittelalter in Europa zu einer begehr­ten Handelsware, die als Zahlungsmittel im Tausch gegen Elfenbein, Edelmetalle, Gewürze und Stoffe ein­ge­setzt wurde. Angesichts des­sen gal­ten aus Glasperlen gefer­tigte Schmuckstücke als beson­ders wert­voll und seine Trägerinnen und Träger als reich.

Der Bericht eines Zeitgenossen

Ein jüdi­scher Kaufmann, der unter dem ara­bi­schen Namen Ibrahim ibn Ya’qub al-​Tartuschi im Auftrag des Kalifen von Cordoba reiste, berich­tete 965 über Haithabu, die Stadt am ande­ren Ende des Weltmeeres hätte: “… wenig an Vermögen und Schätzen zu bie­ten. Die Einwohner essen haupt­säch­lich Fisch, den es reich­lich gibt. Die Menschen wer­fen ein Neugeborenes häu­fig lie­ber ins Meer, als es auf­zu­zie­hen.” Er erklärte diese Ungeheuerlichkeit damit, dass so Kosten gespart wür­den. Ob diese Kindsertränkungen wirk­lich gesche­hen sind?

Weiterhin berich­tete er von einer Kirche, wobei die meis­ten Einwohner den­noch Sirius ver­eh­ren und zu des­sen Ehren aus­schwei­fende Ess- und Trinkgelage abhal­ten wür­den. Außerdem wusste Ibrahim ibn Ya’qub al-​Tartuschi zu berich­ten, dass er noch nie “einen so grau­en­vol­len Gesang gehört” habe, der “wie ein Knurren aus ihren Kehlen, wie Hundegebell, nur noch tie­ri­scher” klinge.

Aufgrund der Einseitigkeit sind diese Berichte mit Vorsicht zu genie­ßen. Sie resul­tier­ten ver­mut­lich aus den gra­vie­ren­den kul­tu­rel­len Unterschieden zwi­schen dem Juden und der Stadt. Positiv äußerte sich der Kaufmann hin­ge­gen über ein Detail, das haupt­säch­lich der weib­li­chen Bevölkerung zukommt: “Sie haben künst­li­che Schminke für die Augen. Wenn sie sie auf­tra­gen, ist es nicht zum Nachteil ihrer Schönheit; im Gegenteil, sie wird bei Männern wie Frauen noch betont.”

Die Siedlung von Haithabu

Bei den Ausgrabungen und den Forschungen in den 1930er Jahren wur­den unter ande­rem im Hafenbereich von Haithabu Materialien gefun­den, die auf Wohnhäuser in zwei­er­lei Bauausführung zurück­zu­füh­ren sind. Herbert Jankuhn schloss dar­aus, dass in Haithabu wenigs­tens zwei unter­schied­li­che Bevölkerungsarten ansäs­sig waren, einer­seits nor­di­scher, also wikin­gi­scher, ande­rer­seits westgermanisch-​friesischer Herkunft. Unterschiede in auf­ge­fun­de­nen kunst­ge­werb­li­chen Erzeugnissen bestä­ti­gen diese These.

Funde aus dem 10. und 11. Jahrhundert im Bereich der Bachniederung gaben Aufschluss über die dama­lige Stadtbebauung. Nach einer Brandkatastrophe wurde das Bachbett gegen Ende des 11. Jahrhunderts neu ein­ge­fasst. Anhand der Funde wird ver­mu­tet, dass die Häuser aus Holz und Flechtwerkwänden bestan­den hat­ten und mit Reet oder Stroh gedeckt waren. Sie hat­ten Grundflächen zwi­schen 3,5 x 17 m und 7 x 17,5 m. Die ein­zel­nen Gehöfte waren durch Holzzäune von­ein­an­der getrennt, bestan­den jeweils aus meh­re­ren Häusern und ver­füg­ten über eigene Brunnen.

Im Zentrum bestand die frühe Siedlung haupt­säch­lich aus gerad­li­ni­gen Straßen und Gräben sowie einem Brunnen. Durch den Bach, der sich ein Stück süd­li­cher vom heu­ti­gen Bachlauf durch das Gebiet schlän­gelte und im 10. Jahrhundert eine Holzeinfassung hatte, sowie einen Weg wurde Haithabu in vier Viertel geglie­dert. Funde wie Gussformen und ein Glasschmelzofen, der auf den Überresten eines abge­brann­ten Grubenhauses errich­tet wor­den war, beleg­ten, dass im Nord-​Ost-​Viertel die Handwerker ange­sie­delt waren. Die Nähe zum Bach und die Entfernung von den Wohnhäusern diente dem Schutz der gesam­ten Siedlung.

Alte Aufzeichnungen berich­ten von zwei Brücken, die Haithabu einst mit Schleswig ver­bun­den haben sol­len. Möglicherweise könn­ten damit aber ein­fach die Landungsbrücken gemeint sein. 2007 wurde eine um 1090 erbaute Landungsbrücke in Schleswig aus­ge­gra­ben, die Teil einer Hafenanlage gewe­sen war. Der Fund befand sich in einem außer­or­dent­lich guten Zustand und war offen­bar durch die Verschüttung mit über­wie­gend Stallmist um 1200 kon­ser­viert worden.

Der die Siedlung schüt­zende Halbkreiswall ver­fügte über einen spitz nach innen zulau­fen­den Graben an der Außenseite und wurde im Laufe von zwei Jahrhunderten neun­mal umge­baut, sei es durch Erhöhung oder Verstärkung. So war bei der ers­ten Stadtumwallung an ihrer Vorderseite eine Palisade befes­tigt, zudem ver­fügte sie über einen Wehrgang. Diese Stadtmauer wurde immer wie­der aus­ge­baut, bis sie letzt­end­lich eine ver­mut­li­che Höhe von 14 m erreicht hatte und über zwei über­ein­an­der­lie­gende Wehrgänge verfügte.

Die Gräber von Haithabu

Im west­li­chen Siedlungsgebiet wur­den ver­schie­dene Gräbertypen ent­deckt. Über ein Gräberfeld wur­den im Laufe des 10. Jahrhunderts Häuser gebaut, so dass von einer Besiedlung von Haithabu über meh­rere Jahrhunderte aus­ge­gan­gen wer­den kann. Neben däni­schen Brandgruben und christ­li­chen Erdgräbern wur­den säch­si­sche Urnengräber und schwe­di­sche Kammergräber gefun­den. Dies lässt auf eine inter­na­tio­nale Bevölkerung sowie den Einfluss der Christianisierung in der ers­ten Hälfte des 9. Jahrhunderts schlie­ßen. Untersuchungen an Skeletten erga­ben, dass die Bewohner sel­ten über 40 Jahre alt wur­den. Oft waren wohl vor allem die letz­ten Lebensjahre schmerz­haft mit Lähmungserscheinungen oder Tuberkuloseerkrankungen verbunden.

Die Runensteine von Haithabu

Die Runensteine von Haithabu stel­len his­to­ri­sche Zeugnisse und Gedenksteine dar. Auf Haithabu bezie­hen sich vier Runensteine, die in zwei Gruppen unter­teilt und im Original im Wikinger-​Museum in Haithabu aus­ge­stellt sind. Nachbildungen befin­den sich in etwa an der jewei­li­gen Fundstelle.

Die Svensteine bestehen aus dem Erikstein und dem Skarthistein. Nach Auswertung ver­füg­ba­rer Quellen kann ver­mu­tet wer­den, dass beide Steine sich auf eine Belagerung Haithabus bezie­hen, aus dem spä­ten 10. oder zei­ti­gen 11. Jahrhundert stam­men und von ein und dem sel­ben König Sven gestif­tet wurden.

Der Erikstein wurde schon 1796 zwi­schen Haithabu und dem Königshügel ent­deckt. Auf dem Kreuzberg befan­den sich drei Grabhügel, zwi­schen denen der umge­fal­lene Erikstein gefun­den wurde. Seine Kopie steht in Wedelspand an der Straße K1. Der Skarthistein wurde 1857 süd­lich von Busdorf nahe eines Grabhügels ent­deckt. Möglicherweise gehör­ten die im Grab gefun­de­nen Skelettüberreste zu jenem Skarthi, dem der Runenstein gewid­met war. Skarthi diente sei­ner­zeit unter dem däni­schen König Sven Gabelbart und fiel ver­mut­lich im Kampf um Haithabu im Jahre 983. Der Skarthistein ist der ein­zige Runenstein in Deutschland, der, wenn auch als Nachbildung, an sei­nem ursprüng­li­chen Platz im Freien in Busdorf steht.

Die Sigtryggsteine sind die älte­ren Runensteine, die aus der Mitte oder dem Ende des 10. Jahrhunderts stam­men. Sie bezie­hen sich auf Sigtrygg, Sohn der Königin Asfrid, die ihm diese Steine wid­mete. Der große Sigtryggstein mit schwe­di­schen Runen wurde 1797 zwi­schen dem Haddebyer und dem Selker Noor ent­deckt, eine Kopie befin­det sich ebenda. König Sigtrygg wurde ver­mut­lich um 940 vom neuen däni­schen König Gorm aus Dänemark ver­trie­ben. Er kam mög­li­cher­weise drei Jahre spä­ter bei einem Wikinger-​Feldzug in der Normandie ums Leben. Der kleine Sigtryggstein, eine Kopie steht im Areal der Wikinger-​Häuser, mit däni­schen Runen ent­deckte man 1887 ein­ge­mau­ert in den Fundamenten einer Bastion von Schloss Gottorf in Schleswig.

Die Hochburg von Haithabu

Geht man am neuen Friedhof von Haddeby vor­bei, gelangt man rasch zu einer natür­li­chen Anhöhe, der Hochburg von Haithabu. Vielleicht exis­tierte hier bereits vor der Gründung Haithabus eine Fluchtburg. In dem fla­chen Wall am Abhang befan­den sich mög­li­cher­weise drei Tore. Viele inzwi­schen stark ver­flachte Hügel zwi­schen den Bäumen las­sen auf einen frü­he­ren Begräbnisplatz schließen.

Die Wiederentdeckung von Haithabu

Nachdem Haithabu zer­stört und nicht wie­der auf­ge­baut wor­den war, ver­fiel die auf­ge­ge­bene Siedlung zum Ende des 11. Jahrhunderts auch auf Grund des Wasseranstiegs von Ostsee und Schlei. Der Hafenbereich sowie das Siedlungsgelände gin­gen ober­ir­disch voll­stän­dig ver­lo­ren. Schließlich geriet der Ort gänz­lich in Vergessenheit. Irrtümlich war die halb­kreis­för­mige Wallanlage lange Zeit im Volksmund als die “Oldenburg” bezeich­net worden.

1897 ver­mu­tete der däni­sche Archäologe Sophus Müller das alte Haithabu inner­halb des Halbkreiswalls. Seine Annahme wurde erst drei Jahre spä­ter bestä­tigt, wor­auf­hin bis 1915 umfang­rei­che Grabungen statt­fan­den, um die Rolle Haithabus für die Geschichte Dänemarks zu erforschen.

Grabungen unter Herbert Jankuhn

Weitere inten­sive, umfas­sende Ausgrabungen im Bereich des Halbkreiswall fan­den zwi­schen 1930 und 1939 unter Herbert Jankuhn statt, wobei diese seit 1934 unter der Schirmherrschaft von SS-​Reichsführer Heinrich Himmler stan­den. Im Jahr dar­auf ver­lieh Himmler dem wie­der­ent­deck­ten Haithabu den Status “Deutsche Kulturstätte”. Jankuhn wurde 1945 ver­haf­tet und die Grabungen unter Kurt Schietzel fort­ge­führt. Nachdem Jankuhn 1948 ent­las­sen wurde, konnte er im fol­gen­den Jahr seine Arbeit in Haithabu wie­der aufnehmen.

Dass das Gebiet des frü­he­ren Haithabus nie über­baut wor­den war und auf­grund der Nässe der Uferbereich gut erhal­ten blieb, waren äußerst güns­tige Voraussetzungen für die Archäologen. Ab 1959 wur­den die gesamte Südsiedlung außer­halb des Halbkreiswalles sowie ein beträcht­li­cher Teil des alten Siedlungskerns inner­halb des Walles ausgegraben.

Auf einer Tauchfahrt 1953 im Hafen wur­den Reste der Hafenpalisade sowie das Wrack eines Wikingerschiffes ent­deckt, wel­ches einst nach einem Brand unter­ge­gan­gen war. Erst 1979, über ein Vierteljahrhundert spä­ter, bot sich die Möglichkeit das Wrack zu heben und zu ber­gen. Das 24 m lange und 6 m breite Langschiff wurde kon­ser­viert, rekon­stru­iert und im Wikinger-​Museum Haithabu aus­ge­stellt. Außerdem wur­den Landestege, Schiffbrücken, Befestigungsanlagen, Speichergebäude und Werkstätten gefunden.

Als eines der wich­tigs­ten Gräber gilt das Bootkammergrab, das als nied­rige ovale Erhebung süd­lich des Halbkreiswalles zu erken­nen ist. Es wurde 1908 ent­deckt und gilt als in sei­ner Form ein­ma­lig. Die höl­zerne Grabkammer war in einen klei­ne­ren und einen grö­ße­ren Teil unter­teilt und ent­hielt die Beigaben der ver­mut­lich drei Bestatteten. Gefunden wur­den unter ande­rem Pfeile, Schwerter, Silberschmuck und ein Holzeimer. Neben der Grabkammer wur­den die Skelette dreier Pferde identifiziert.

Über der Grabkammer wur­den die Reste eines etwa 16 m lan­gen und unge­fähr 3 m brei­ten Bootes auf­ge­fun­den, des­sen genaue Größe sich auf­grund des Grades der Zerstörung nicht mehr ermit­teln lässt. Die Beisetzung wird zwi­schen das späte 9. und das frühe 10. Jahrhundert datiert. Wer in die­sem Bootkammergrab bestat­tet wor­den war, lässt sich nicht klä­ren. In kei­nem ande­ren bekann­ten Fall wur­den die Toten unter­halb eines Bootes bei­gesetzt. Doch anhand der wert­vol­len Beigaben wird über einen höhe­ren sozia­len Stand spe­ku­liert. Ab 2005 wurde erneut gegra­ben. Damit soll­ten unter anderm der “Stadtplan” über­prüft wer­den, des­sen Anfertigung 2002 begann.

Haithabu und seine Gegenwart

In unmit­tel­ba­rer Nähe des Halbkreiswalles in Haddeby befin­det sich das Wikinger-​Museum Haithabu. Dort wer­den seit 1985 die wich­tigs­ten Funde aus und die Geschichte der Siedlung vor­ge­stellt. Das 1979 aus dem Hafenbecken gebor­gene Langschiff wird in der Schiffshalle gezeigt.

In den frü­hen 2000er Jahren wur­den im Halbkreiswall von Haithabu sie­ben Wikingerhäuser anhand archäo­lo­gi­scher Befunde rekon­stru­iert. Auch Holzstege, eine Mole, ein befes­tig­ter Bachlauf und Landungsstege wur­den nach his­to­ri­schem Vorbild her­ge­stellt. Die Arbeiten gestal­te­ten sich schwie­rig, da viele der im Frühmittelalter übli­chen Handwerkstechniken nicht mehr prak­ti­ziert wer­den. Die Eröffnung der Wikingerhäuser fand 2008 statt. Im sel­ben Jahr wurde ein 6,50 m lan­ges Wikinger-​Boot auf der Museumswerft in Flensburg nach­ge­baut. Es liegt seit 2009 in Haithabu.

Stadttore

Im Halbkreiswall sind noch die Durchlässe erkenn­bar, die einst als nörd­li­ches und süd­li­ches Stadttor genutzt wur­den. Sie befan­den sich dort, wo ein alter Weg durch die Stadt ver­lief und im Norden und im Süden jeweils den Wall schnei­det. Im Westbereich ist in etwa noch die ursprüng­li­che Höhe der Wallanlage erhal­ten, auch der sich vor ihr befind­li­che Graben ist noch gut erkenn­bar. Insgesamt ist der Wall heute zwi­schen 6 und 11 m hoch und reichte einst bis zum Haddebyer Noor hinab, jedoch wur­den seine Enden abge­tra­gen. Etwa mit­tig des Halbkreiswalls zweigt der Margarethen- oder Verbindungswall des Danewerks ab. Von dort kann man zum 1,3 km ent­fern­ten Busdorfer Runenstein, dem Skarthistein, wandern.

Bedeutendes Bodendenkmal

Gemeinsam mit dem Danewerk zählt Haithabu zu den wich­tigs­ten Bodendenkmälern in Schleswig-​Holstein. Island setzte sich seit 2008 mit Dänemark, Deutschland, Norwegen, Schweden und Lettland dafür ein, um Haithabu und das Danewerk als bedeu­tende Stätten der Wikinger-​Kultur als UNESCO-​Welterbe aner­ken­nen zu las­sen. 2011 setz­ten diese Länder ihre Bodendenkmäler auf die Vorschlagslisten. 2018 erkannte die UNESCO Haithabu und das Danewerk als außer­ge­wöhn­li­che Welterbestätte an.

Wikinger Museum Haithabu
Am Haddebyer Noor 5
24866 Busdorf
www.haithabu.de


 

In eige­ner Sache:

Dieser Artikel ist mit wei­te­ren Bildern als umfang­rei­che Ausarbeitung auf 44 Seiten im PDF-​Format auf Anfrage erhältlich.

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Ruinenbaukunst

Wunderschön die düstern Mienen
Durch das grüne Laubgewind!
Doch das schönste an Ruinen
Ist, daß sie Ruinen sind.

(aus: „Die Ruinen“ von Adolf Glaßbrenner)

So wie sich im Laufe der Zeit und der Jahrhunderte viele Dinge geän­dert haben, so hat sich auch der Geschmack bei der Landschaftsgestaltung ver­än­dert. In der zwei­ten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann man sich an baro­cken Gärten zu lang­wei­len und das Interesse ging hin zum emo­tio­na­len Landschaftspark. In die­sem Zusammenhang wech­sel­ten auch die Vorlieben für die Staffagen, dem deko­ra­ti­ven Beiwerk, mit dem seit der Antike die herr­schaft­li­chen Gärten aus­ge­stat­tet wur­den. In den Gärten der Renaissance und des Barocks wur­den vor allem antike Tempel, Grotten, Grab- und Denkmäler, Äquadukte und Brücken imi­tiert. Großer Beliebtheit erfreu­ten sich auch Wasserfälle und Teufelsbrücken.

Etwas spä­ter in der Romantik ent­stand spe­zi­ell im deutsch­spra­chi­gen Raum eine Sonderform der Gartenarchitektur. Die Rückbesinnung auf die Ideale und die Moral des längst ver­gan­ge­nen Zeitalters der Ritter und ihrer Burgen erreichte auch die Bildenden Künste. Vor allem im spä­ten 18. und im frü­hen 19. Jahrhundert herrschte eine zuneh­mende Begeisterung für das ver­gan­gene Mittelalter vor. Künstliche Ruinen hiel­ten Einzug in die Landschaft, häu­fig in Form einer Nachbildung einer klei­nen ver­fal­le­nen Burg. Dabei gab es meh­rere Varianten: Entweder wurde ein Vorgängerbau in das neue Ruinenobjekt mit ein­be­zo­gen wie zum Beispiel beim Goßdorfer Raubschloss, oder es wurde als kom­plett eigen­stän­di­ges Relikt geschaf­fen wie bei­spiels­weise die Gersdorfer Ruine, oder es wurde ein zu dama­li­ger Zeit moder­nes Bauwerk unter Einbeziehung von rui­nen­haf­ten Elementen erbaut.

Die Zeit der künst­li­chen Burgruinen hielt aller­dings nicht lange an. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ward schon wie­der ein neues Lieblingsbauwerk gefun­den und man errich­tete an fast jedem sich anbie­ten­den Fleckchen einen Aussichtsturm. So wur­den zum Beispiel der Bismarckturm in Berggießhübel und der Aussichtsturm auf dem Pfaffenstein erbaut. Ein Teil der Aussichtstürme, dar­un­ter der Mäuseturm in Radebeul und der Wartturm in Weinböhla, wurde eben­falls als künst­li­che Ruine erschaffen.

Die künst­li­chen Ruinen wur­den nicht zusam­men­hangs­los errich­tet, son­dern stan­den stets im Bezug zur Landschaft oder als Gegenpol zu bereits bestehen­den Bauten. Hier soll vor allem die Tempelruine im Dresdner Meixgrund als Beispiel ange­führt wer­den. Die Ruinen soll­ten die Garten- oder Parkanlage schmü­cken, einen ein­sa­men Raum zum Nachdenken schaf­fen oder sie wur­den als ein aus­ge­fal­le­ner Rahmen für klei­nere Festlichkeiten genutzt.

Inspiriert von der Romantik der Burgruinen lie­ßen ab dem 19. Jahrhundert auch einige Schlossbesitzer künst­li­che Ruinen in ihren Schlossgärten und Parks erstel­len. Der Baustil stammte aus dem eng­li­schen Empire und wurde in unse­ren Breiten spä­ter als Neogotik oder Neugotik bezeich­net. Dass goti­sche Ruinen anti­ken Ruinen vor­ge­zo­gen wur­den lag daran, dass hier­zu­lande etwa ab der Mitte des 12. bis Ende des 15. Jahrhunderts tat­säch­lich goti­sche Bauten errich­tet wor­den waren und keine anti­ken. Man rekon­stru­ierte etwas bereits Dagewesenes.

Kennzeichnend für den goti­schen Baustil waren vor allem Kreuzgewölbe, Ornamente aus geo­gra­fi­schen Figuren, hohe lang­ge­streckte Räume sowie Spitzbogenfenster. Die Raumgröße wurde bei den künst­li­chen Ruinen ver­nach­läs­sigt und nicht den Originalen nach­emp­fun­den, da es sich nur um kleine Zierbauten han­delte. Bei nähe­rer Betrachtung ist gut erkenn­bar, dass haupt­säch­lich unre­gel­mä­ßi­ges Bruchgestein ver­wen­det wurde, wobei beson­de­rer Wert auf die schmuck­ele­men­ta­ri­sche Gestaltung gelegt wurde.

Künstliche Burgruinen in unter­schied­li­chen Stadien des Verfalls soll­ten an die Vergänglichkeit der Menschen und ihrer Werke erin­nern. Sie soll­ten Melancholie und Wehmut her­vor­ru­fen und auf Traditionsbewusstsein und mora­li­sche Vorstellungen ver­wei­sen. Ehemals genutzte, aber seit lan­gem ver­las­sene und ver­ges­sene Architektur sollte zurück in die Gegenwart geholt wer­den, und auch der Zauber his­to­ri­scher Raubritterburgen sollte in der sich wan­deln­den Zeit und der immer moder­ner wer­den­den Gesellschaft wie­der prä­sent sein.

Künstliche Ruinen in Dresden

Drachenburg
Meixgrund /​ Meixstraße 64, Dresden-Pillnitz

Im Jahre 1903 ent­stand unter Arthur Horn die künst­li­che Ruine der Drachenburg im Meixgrund. Ihre Erbauung erfolgte rund fünf­hun­dert Jahre nach der Ersterwähnung der gas­tro­no­misch genutz­ten Meixmühle, in deren unmit­tel­ba­rer Nachbarschaft die Drachenburg steht. Erbaut wurde die künst­li­che Ruine zur Erinnerung an eine alte Sage, nach der im Meixgrund einst der Drache Meix hauste und jähr­lich eine Bauernmaid als Opfer for­derte. Der Drache wurde der Sage nach von einem muti­gen Müllerburschen getö­tet. Mittlerweile steht die Drachenburg unzäh­lige Jahre leer und unge­nutzt. Sie ist stark ein­sturz­ge­fähr­det und darf nicht mehr betre­ten wer­den. Ihre künf­tige Nutzung scheint ausgeschlossen.

Eremitage
Borsberg, Dresden-Borsberg

Die Eremitage ist eine künst­li­che Grotte, die unter Graf Marcolini zwi­schen 1775 und 1780 erbaut wor­den ist. Die Grotte hatte ein unter­ir­di­sches Kaminzimmer mit einer fla­chen, acht­ecki­gen Kuppel und ver­fügte über meh­rere Öffnungen sowie kleine Fenster, über die Tageslicht ins Innere gelangte. Über eine Treppe gelangte man zu einer Aussichtsplattform, auf der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Art Aussichtsturm gestan­den hatte. Ab etwa 1820 war die Eremitage nicht nur dem söch­si­schen Hofe vor­be­hal­ten, son­dern konnte öffent­lich besich­tigt wer­den. 1825 wurde nebenan eine könig­li­che Hofküche errich­tet, die auf einen Vorgängerbau zurück­geht und 1871 /​ 1872 zu einem Restaurant mit Hotel erwei­tert wurde. 1897 ver­lor das säch­si­sche Königshaus das Interesse an der Eremitage und über­ließ sie der Familie Bähr, wel­che die Gastwirtschaft betrieb. Der höl­zerne Aussichtsturm galt lange Zeit als ein­sturz­ge­fähr­det. Seine Reste wur­den des­halb schon vor vie­len Jahren ent­fernt. Die Eremitage selbst ist abge­sperrt und darf nicht betre­ten wer­den. Das Areal ist stark ver­wil­dert. Im unmit­tel­ba­ren Bereich der Eremitage befin­det sich eine Triangulierungssäule aus dem Jahr 1865.

Gotische Ruine
Schlossberg /​ Ruinenberg, Dresden-Pillnitz

Graf Marcolini ließ den Friedrichsgrund in der zwei­ten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit ver­schie­de­nen Staffagebauten ver­se­hen und schuf einen zu jener Zeit belieb­ten sen­ti­men­ta­len Landschaftspark. 1785 wurde als fina­ler Höhepunkt der Kleinbauten die künst­li­che Burgruine im goti­schen Stil auf dem Schloss- oder auch Ruinenberg errich­tet. Beim Bau wur­den Reste einer Wallburg inte­griert. Die Ruine erin­nert an eine ver­fal­lene, hoch­mit­tel­al­ter­li­che Ritterburg und sollte einen unmit­tel­ba­ren Kontrast zu Schloss Pillnitz dar­stel­len. Sie wurde vom Königshaus haupt­säch­lich für kleine Feierlichkeiten noch bis 1918 genutzt. Der Hauptraum, ein Saal, war damals über­dacht, die Fenster waren mit Scheiben ver­se­hen, es gab einen Kamin sowie eine Küche. Die Ruine wurde nach 1945 sich selbst und damit dem Verfall über­las­sen. Insbesondere nach Kriegsende wurde sie teil­weise abge­tra­gen, um drin­gend benö­tig­tes Baumaterial zu gewin­nen. In spä­te­rer Zeit kamen Verunstaltungen durch Graffitis hinzu. 2019 erfolgte die drin­gend erfor­der­li­che Sanierung. Dabei wur­den unter ande­rem die Zutrittsmöglichkeiten ins Innere ver­sperrt, ein begeh­ba­res Dach auf­ge­setzt, eine moderne Stahltreppe auf das Dach hin­zu­ge­fügt und Sichtachsen im Außenbereich freigeschnitten.

Historischer Eiskeller
Vogelgrund, Dresden-Pillnitz

Am Eingang in den Dresdner Vogelgrund steht der soge­nannte Historische Eiskeller. Er wurde um 1780 von Freiberger Bergleuten erbaut und diente der Einlagerung von Kühleis für die höfi­schen Feste im Schloss Pillnitz. Ein Lüftungsschacht des Eiskellers mün­dete auf der Bergkuppe in einen gemau­er­ten Schornstein. Im Zweiten Weltkrieg diente der Eiskeller als Luft-​schutzbunker, Treibstofflager und zum Einlagern von wert­vol­len Gegenständen wie dem Goldenen Reiter. Um 1960 ver­ur­sach­ten Sprengungen einen teil­wei­sen Einsturz des Gemäuers, so dass von einem wei­te­ren Ausbau abge­se­hen wurde. Der Eiskeller ist als Fledermausquartier und Kulturdenkmal geschützt. Er wurde 2018 einer auf­wen­di­gen Sanierung unter­zo­gen, nach­dem er nur wenige Jahre zuvor einem Hangrutsch fast voll­stän­dig zum Opfer gefal­len war.

Tempelruine
Friedrichsgrund, Dresden-Pillnitz

Als Pendant zur Gotischen Ruine auf dem Pillnitzer Schlossberg ent­stand die Tempelruine als künst­li­che Ruine eines anti­ken Tempels, die sich am Taleingang vom Friedrichsgrund unter­halb der Gotischen Ruine befand. Sie wurde im Auftrag von Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen zwi­schen 1780 und 1783 errich­tet. Einst exis­tierte dane­ben ein künst­li­cher Wasserfall mit drei Wasserbecken. Von die­sen ist nichts mehr zu sehen. Von der Tempelruine sind heute nur noch unschein­bare Mauerreste vor­han­den. Sie befin­den sich recht­erhand am Eingang in den Friedrichsgrund und sie umfas­sen die Seitenmauern und die Rückseite. Die Tempelruine war einst ein recht gro­ßes Bauwerk.

Weinbergsgrotte
Königlicher Weinberg Wachwitz, Dresden-Wachwitz

Die Weinbergsgrotte wurde unter Ausnutzung eines natür­li­chen Felsens unter­halb der Wachwitzer Weinbergskapelle errich­tet. Sie diente ver­mut­lich der Lagerung von Weinen, die im Presshaus her­ge­stellt wur­den. Die Grotte ist heute ver­schlos­sen, um sie vor wei­te­rem Vandalismus zu schützen.
(Beitrag zum Königlichen Weinberg Wachwitz mit Foto der Weinbergsgrotte)

Künstliche Ruinen rund um Dresden

Blechburg
ober­halb von Augustusweg 110, 01445 Radebeul

Oberhalb vom Schloss Jägerberg befin­det sich die Blechburg, ein Aussichtsturm, der heute rui­nös ist. Die Blechburg wurde um 1844 unter dem Weinhändler August Traugott Hantzsch im Gotikstil erbaut. Sie wurde damals als Unterstellmöglichkeit genutzt und ver­fügte über einen Vorrats- und Geräteraum. Der obere Hauptraum war über eine Außentreppe zu errei­chen. Noch vor der eigent­li­chen Aussichtsplattform befand sich eine Aussichtsbastion. 1895 erwarb der Naturheilkundler Friedrich Eduard Bilz den Aussichtsturm gleich­zei­tig mit dem Schloss Jägerberg, wel­ches das Kurhaus IV wurde. Die Blechburg wurde damit Teil des Parkgeländes, das für die Sanatoriumsbewohner ange­legt wurde. 1944 wurde die Blechburg von Hitlerjungen brand­zer­stört. Die Ruine des acht­ecki­gen Turmes steht unter Denkmalschutz.

Bilzburg mit Grotte
ober­halb von Augustusweg 110, 01445 Radebeul

Die künst­li­che Ruine der Bilzburg wurde 1844 zeit­gleich mit der in ihrer Nachbarschaft befind­li­chen Blechburg für den Weinhändler August Traugott Hantzsch erbaut. Die in Privatbesitz befin­di­che Bilzburg ver­fügt über eine Aussichtsplattform. Sie wurde umfas­send saniert, wobei der Ruinencharakter bei­be­hal­ten wurde. Daneben befin­det sich eine Art Grotte, die eben­falls als künst­li­che Ruine erscheint und als fami­liäre Gedenkstätte genutzt wird.

Künstliche Ruine
am Herrenhaus Mohrenhaus, 01445 Radebeul

Die künst­li­che Ruine befin­det sich im Parkgrundstück des Herrenhauses Mohrenhaus. Dieser Park wurde um 1870 unter Wilhelm Theodor Demiani ange­legt, wel­cher auch den Neubau des schloss­ähn­li­chen Herrenhauses auf den Grundmauern eines Vorgängerbaus beauf­tragt hatte. Der Bau der künst­li­chen Ruine datiert mög­li­cher­weise eben­falls auf diese Zeit. Die künst­li­che Ruine liegt in Höhenlage. Sie besteht aus einer halb­run­den Bastion aus Bruchstein, einer zwei­ge­schos­si­gen Turmruine, eben­falls aus Bruchstein, mit Rundbogenfenstern und ange­deu­te­ten Mauerresten.

 

Mäuseturm
ober­halb vom Bilzsanatorium, 01445 Radebeul

Der Mäuseturm in Radebeul wurde zwi­schen 1837 und 1840 als künst­li­che Ruine errich­tet. Der dama­lige Besitzer wollte den Turm ursprüng­lich für sich als Begräbnisstätte nut­zen. 1995 wurde der Mäuseturm durch Blitzschlag zer­stört. Er ist seit­dem nicht nur eine künst­li­che, son­dern auch eine echte Ruine und befin­det sich ober­halb vom ehe­ma­li­gen Bilzsanatorium. Es besteht Einsturzgefahr. Das Gelände ist den­noch zugänglich.

Wartturm
Am Börnchengrund, 01689 Weinböhla

Der Wartturm ist eine künst­li­che Ruine, die nie eine echte Wehr‑, Wart- oder sons­tige bedeu­tende Funktion inne­hatte. Sie wurde von dem Rittergutsbesitzer Carl Wilhelm Wießner 1900 im dama­li­gen mark­gräf­li­chen Jagdrevier, der Burggrafenheide, geschaf­fen und sollte über 13 Meter hoch wer­den. Kurz vor Fertigstellung stürzte der Turm jedoch ein. Stehen blieb die 6 m hohe Ruine, der Besitzer sah vom Wiederaufbau ab. Die Zinnen wur­den um 1930 ver­än­dert. Der Wartturm wurde 1990 nicht ganz ori­gi­nal­ge­treu saniert und ver­fügt über eine Aussichtsplattform

Burgruine Schomberg
Schlossberg, 01814 Bad Schandau

Die Burgruine Schomberg wurde 1883 als künst­li­che Ruine erbaut. Dabei wur­den Mauerreste der ori­gi­na­len, mit­tel­al­ter­li­chen Burg Schomberg inte­griert, wel­che um 1200 auf dem Schlossberg in Bad Schandau errich­tet wor­den war. Diese frü­here Befestigungsanlage diente als Strom- und Straßenwarte zur Sicherung des Warenverkehrs auf der Elbe sowie auf den länd­li­chen Handelswegen zwi­schen Böhmen, der Mark Meißen sowie der Lausitz. In Fehden zwi­schen 1419 und 1436 wurde die Burg zer­stört. Von der eins­ti­gen Burganlage sind nur wenige Überreste vor­han­den, so der dop­pelte Wall, der Graben und geringe Mauerreste. Die Anlage steht als früh­ge­schicht­li­ches Bodendenkmal unter Schutz. Eine Informationstafel weist auf den frü­he­ren Standort der ver­schüt­te­ten Zisterne hin. Die Burgruine kann als Aussichtsturm genutzt werden.

Goßdorfer Raubschloss
Schwarzberg, 01848 Hohnstein OT Goßdorf

Die künst­li­che Ruine des Goßdorfer Raubschlosses geht auf einen frü­he­ren rea­len Burgbau, die Burg Schwarzberg, zurück. 1372 wurde die Burg Schwarzberg erst­mals urkund­lich erwähnt. Die Burg diente als Sicherungsposten für die zu jener Zeit durch das Schwarzbachtal füh­rende Handelsstraße und der Sicherung der bei­den Hauptburgen Wildenstein und Hohnstein. Der Verfall der Burg Schwarzberg begann wohl im frü­hen 15. Jahrhundert. 1443 kam die Burg an Sachsen. Zu die­ser Zeit diente sie Raubrittern als Unterschlupf, wor­aus sich letzt­lich der heute bekannte Name Goßdorfer Raubschloss ablei­tete. 1858 ließ der Besitzer des Ulberndorfer Rittergutes auf den Fundamenten der Burg Schwarzberg eine künst­li­che Ruine erbauen. Heute ist das Goßdorfer Raubschloss ein belieb­tes Ausflugsziel.

Gersdorfer Ruine
im Cottaer Busch, 01819 Bahretal OT Gersdorf

Die Gersdorfer Ruine steht im Cottaer Busch nörd­lich vom ösli­chen Ortsrand von Gersdorf. Sie ist als Wanderziel aus­ge­schil­dert und am bes­ten von Gersdorf oder Berggießhübel kom­mend erreich­bar. Die künst­li­che Ruine wurde um 1820 durch den Generalleutnant von Leyßer, wel­cher unter ande­rem das Rittergut Gersdorf besaß, als Jagdunterkunft errich­tet. Der oft in Karten ein­ge­zeich­nete Aussichtspunkt ist mitt­ler­weile sehr bewal­det, ein klei­ner gemüt­li­cher Picknickplatz ist noch vor­han­den. Die Gersdorfer Ruine ist auf­grund mut­wil­li­ger Zerstörung stark gefährdet.

Kaiser-​Wilhelm-​Feste
Bielablick, 01824 Rosenthal-Bielatal

Die Kaiser-​Wilhelm-​Feste ist man­chem Einwohner und Wanderer auch unter dem Namen “Bielablick” bekannt. Es han­delt sich um einen Aussichtspunkt, an dem 1880 eine kleine künst­li­che Feste in Form einer Bastion errich­tet wurde. 1992 erfolg­ten an der Bastion not­wen­dige Sanierungsarbeiten. Die künst­li­che Ruine wirkt wie der letzte Überrest einer frü­he­ren Bergfestung und ist heute ein belieb­tes Ausflugsziel auf Wanderungen durch das Bielatal.

Ruinentürmchen
nahe Vorderer und Hinterer Bielaturm, 01824 Rosenthal-Bielatal

Das künst­li­che Ruinentürmchen befin­det sich von der Zerklüfteten Wand kom­mend in nörd­li­cher Richtung nahe der bei­den Felsen Vorderer und Hinterer Bielaturm. Es ent­stand, als der recht ver­mö­gende Julius Feßler 1887 ein Waldgrundstück erwor­ben hatte und sich dar­auf einen reprä­sen­ta­ti­ven Alterssitz ein­rich­tete. Dazu gehör­ten Aussichtspunkte, Steiganlagen, Brücken, eine heute teils ver­fal­lene künst­li­che Grotte und auch die kleine künst­li­che Turmruine.

Weitere künstliche Ruinen in Sachsen

Bärenburg
Colditzer Weg, 04668 Grimma

Die künst­li­che Ruine befin­det sich süd­west­lich von Schloss Gattersburg und nahe der Hänebrücke. Das Areal ver­fügt außer­dem über eine künst­li­che Grotte.

Künstliche Ruine
Schloss Lauske, 02627 Weißenberg OT Lauske

Die kün­sti­che Ruine wurde 1807 unter dem Grafen von Bressler auf der Wallburg Lauske, einer frü­hen mit­tel­al­ter­li­chen Befestigungsanlage erbaut. Sie diente als Gartenhaus und Aussichtsturm. Die Ruine hat eini­gen Schaden genom­men, ist im Großen und Ganzen aber sehr gut erhalten.

Kupferbergturm
Kupferberg, 01558 Großenhain

Der Turm auf dem Kupferberg wurde in Form einer künst­li­chen Ruine 1894 vom Verschönerungsverein der Stadt Großenhain erbaut. Im Herbst 1928 wurde die heute noch bestehende Schankwirtschaft eröff­net, die an das frü­here Wärterhaus ange­baut wor­den war. Bis zu den 1930er Jahren konn­ten Besucher vom Turm aus eine gute Fernsicht genie­ßen. Aufgrund des zuneh­men­den Baumwuchses wurde eine Erhöhung des Turmes um zehn Meter not­wen­dig. Zu DDR-​Zeiten war der Turm gesperrt, da offen­bar ein sowje­ti­scher Flugplatz zu gut ein­ge­se­hen wer­den konnte. Der Kupferbergturm bie­tet heute Ausblicksmöglichkeiten von meh­re­ren Turmebenen.

Mausoleum
Schloss Hohenwendel, 09518 Großrückerswalde OT Streckewalde

Die impo­sante, aus meh­re­ren Teilen bestehende künst­li­che Ruine im Park von Schloss Hohenwendel wurde bis 1916 unter Arthur Schmidt, Besitzer des Schlosses und Kommerzienrat, wei­ter aus­ge­baut. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Ursprünge der Ruinenanlage in der zwei­ten Hälfte des 18. Jahrhunderts lagen, als die Ruinenbaukunst Einzug in die Landschaftsgestaltung gehal­ten hatte. Die Ruine ist heute als Ausflugsziel in das ört­li­che Wanderwegenetz integriert.

Raubschloss Ringethal
Burg Lewenhain, 09648 Mittweida OT Ringethal

Die Burg Lewenhain ist der Nachfolgebau der Wallburg Einsiedelei, die um 1315 eben­falls als Höhenburg errich­tet wurde. Erhalten sind noch deut­lich erkenn­bare Wall- und Grabenreste. Die Burg wurde spä­tes­tens um 1450 auf­ge­ge­ben, als die dama­li­gen Besitzer ihren Wohnsitz ins Tal ver­leg­ten und dort eine Wasserburg, das Schloss Ringethal, erbauen lie­ßen. 1804 wurde auf dem Gelände der Burg Lewenhain eine künst­li­che Ruine errich­tet. Sie ist heute über­wie­gend unter dem Namen Raubschloss Ringethal bekannt.

Ritterburg
Schlosspark Machern, 04827 Machern

Seit 1430 befand sich Schloss Machern im Besitz der Grafen von Lindenau, wel­che 1795 ⁄ 1796 den Bau der Ritterburg ver­an­lass­ten. Die Ritterburg gilt als eine der größ­ten künst­li­chen Ruinen in Sachsen. Genutzt wurde die künst­li­che Ritterburg damals als Privatmuseum. Kurze Zeit spä­ter wurde der Park um eine wei­tere künst­li­che Ruine ergänzt. 1950 erlitt die Ritterburg Brandschäden. Die bereits 1988 begon­nene Sanierung der Burgruine konnte erst 1995 abge­schlos­sen werden.

Turmruine Schreckenberg
Schreckenberg, 09456 Annaberg-Buchholz

Auf dem Schreckenberg wurde zwi­schen 1854 und 1856 die künst­li­che Ruine eines Turms mit Mauerresten geschaf­fen. Auftraggeber war Carl Friedrich Reiche-​Eisenstuck. Finanziert wurde der Bau über­wie­gend aus Privatmitteln ver­mö­gen­der Einwohner. Die Turmruine dient heute als Ausflugsziel und Aussichtspunkt. Sie befin­det sich in einem bemer­kens­wert guten Zustand.


 

In eige­ner Sache:

Dieser Artikel ist mit zahl­rei­chen wei­te­ren Bildern als umfang­rei­che Ausarbeitung auf 63 Seiten im PDF-​Format auf Anfrage erhältlich.

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Königlicher Weinberg Wachwitz

Die Wettiner in Wachwitz

Der Königliche Weinberg Wachwitz ist ein beson­ders außer­ge­wöhn­li­cher Weinberg im Elbtal von Dresden zwi­schen dem Blauen Wunder und der Schlossanlage Pillnitz, wel­cher heute noch wei­test­ge­hend ursprüng­lich erhal­ten und vor allem für Schloss Wachwitz und den Rhododendronpark bekannt ist. Er umfasst heute das Gebiet mit den Wohnanschriften Wachwitzer Weinberg 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 15, Josef-​Hegenbarth-​Weg 14/​14a und 16 sowie Kotzschweg 8. Außerdem gehö­ren Terrassierungen und Waldbereiche dazu.

Kronprinz Friedrich August, der spä­tere König Friedrich August II. von Sachsen, hatte Ende August 1824 drei Weinberge vom Königlich-​sächsischen Hof- und Justizrath Ludwig Friedrich Ferdinand von Zedtwitz erwor­ben. Noch im glei­chen Jahr ver­an­lasste er den Umbau eines Winzerhauses zu einem Wohnpalais. 1825 folgte der Kauf eines wei­te­ren Grundstücks. Zwei Jahre dar­auf erwarb er das gesamte Rittergut Niederpoyritz vom rus­si­schen Major Alexejew von Olsusieff. In den Folgejahren kaufte er wei­tere Grundstücke hinzu. Sein Wachwitzer Grundbesitz umfasste letzt­end­lich fast 40 ha.

Trotz allem hielt sich Friedrich August nur gele­gent­lich in Wachwitz auf, wes­halb er die Verwaltung des Grundstücks einem Gärtner über­trug. Dieser küm­merte sich mit­samt dem übri­gen Personal um die Pflege des weit­läu­fi­gen Anwesens. Das Grundstück wurde mit alpi­nen Pflanzen bepflanzt und erhielt Gewächshäuser, Pferdeställe und einige wei­tere Nebengebäude. Der könig­li­che Hofgärtner hatte die aus­drück­li­che Befugnis, Spaziergängern den Besuch des Weinbergs zu gestat­ten, wenn der König nicht auf sei­nem Anwesen weilte.

Im nörd­li­chen Teil des weit­läu­fi­gen Grundstücks ließ Friedrich August einen klei­nen Tiergarten anle­gen. In die­sem leb­ten Rotwild und Damwild, außer­dem gab es Volieren für Raubvögel. Nach dem Tod des Königs 1854 wurde der Tiergarten geschlos­sen und auf­ge­löst. Im Bereich des Tiergartens gab es neben einer Jagdhütte auch ein klei­nes Fachwerkhaus, den soge­nann­ten Vogelherd. Es diente der Vogelstellerei und wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs abgerissen.

Seit dem Regierungsantritt von Friedrich August II. von Sachsen im Jahre 1836 ent­wi­ckelte sich Wachwitz zur Sommerresidenz der Wettiner. Zu den Gästen, die hier emp­fan­gen wur­den, zähl­ten unter ande­rem der rus­si­sche Zar Nikolaus I. und König Otto I. von Griechenland. Nach dem Tod von Friedrich August I. wurde auch der Bayernkönig Ludwig I. auf dem Königlichen Weinberg will­kom­men gehei­ßen. 1854 kam Friedrich August II. von Sachsen bei einem Bergunfall in Tirol ums Leben. Daraufhin wurde der Wachwitzer Weinberg in einen Fideikommiss umge­wan­delt und blieb wei­ter­hin im Besitz der Wettiner.

Allerdings wurde das Palais auf dem Königlichen Weinberg Wachwitz zuneh­mend sel­te­ner genutzt, da sich das könig­li­che Leben über­weie­gend in Pillnitz und in Strehlen abspielte. Erst unter Kronprinz Friedrich August, dem spä­te­ren König Friedrich August III. von Sachsen, erlebte der Wachwitzer Weinberg seine Renaissance als Wohnsitz. 1890 wurde das Palais abge­ris­sen, gleich nebenan ent­stand mit der Königlichen Villa ein neuer reprä­sen­ta­ti­ver Wohnbau.

Schloss Wachwitz

Schloss Wachwitz ist bau­lich der letzte reprä­sen­ta­tive Familiensitz des Hauses Wettin Albertinischer Linie in Sachsen. Aus Mitteln der Fürstenabfindung von 1926 ließ Dr. Friedrich Christian Markgraf von Meißen und Herzog zu Sachsen zwi­schen 1936 und 1937 durch den Architekten Max Hans Kühne ein neo­ba­ro­ckes Schloss mit Schlosskapelle und Familiengruft auf einer Anhöhe des Wachwitzer Höhenparks errich­ten. Das Parkett der Kapelle stammte aus Schloss Sybillenort (Polen). König Friedrich August III. hatte dort nach sei­ner Abdankung im November 1918 bis zu sei­nem Tod 1932 gewohnt.

Bereits im Herbst 1936 bezog Friedrich Christian von Sachsen, Sohn des letz­ten Königs Friedrich August III. von Sachsen, Chef des Hauses Wettins seit 1932, ver­ehe­licht mit Elisabeth Helene aus dem Haus Thurn und Taxis, das neue Schloss mit sei­ner Familie. Unter Friedrich Christian, auf den auch der Beiname Christian-​Schloss zurück­geht, wurde das Schloss zum Zentrum reli­giö­sen und kul­tu­rel­len Lebens. Im Erdgeschoss befan­den sich Empfangs- und Gesellschaftsräume sowie ein Speisesaal, im Obergeschoss die pri­va­ten Räume der könig­li­chen Familie sowie im Dachgeschoss die Wohnbereiche der Bediensteten. Das Schloss ver­fügte außer­dem über einen bom­ben­si­che­ren Luftschutzbunker und einen Weinkeller.

Maria Emanuel, ältes­ter Sohn von Friedrich Christian, wurde 1943 auf­grund eines gegen das NS-​Régime gerich­te­ten Briefes ver­haf­tet. Ihm sollte vor dem Volksgerichtshof in Potsdam der Prozess gemacht wer­den. Allerdings fiel der Staatsanwalt einem Bombenangriff zum Opfer und der Markgraf konnte errei­chen, dass die Anklage auf ein Jugendvergehen abge­mil­dert wurde. Bei Kriegsende 1945 wurde der Prinz als poli­ti­scher Häftling von sowje­ti­schen Truppen befreit.

Nach den Bombenangriffen auf Dresden nah­men Friedrich Christian und seine Familie viele Ausgebombte bei sich auf. Sie flüch­te­ten jedoch Ende Februar 1945 aus Wachwitz. Nach der Enteignung des Wettinerbesitzes diente das Schloss ab 1945 der Sowjetischen Militäradministration als Verwaltungssitz und Tagungsort. Von 1947 bis 1949 wurde es als Intourist-​Hotel genutzt und ab 1949 als Schulungszentrum des Zentralrates der FDJ. Von 1990 bis 1993 nutzte die Medizinische Akademie das Schloss als Tagungsstätte und Gästehaus. Seit deren Auszug 1993 stand Schloss Wachwitz leer und war sich selbst überlassen.

Aus der auf­wän­di­gen Sanierung von Schloss Wachwitz 2011 /​ 2012 unter hohen Denkmalschutzauflagen gin­gen 20 hoch­wer­tige Eigentumswohnungen her­vor. Damit konnte ein wei­te­res Schloss vor dem Verfall bewahrt und Mitte Dezember 2012 in einem fei­er­li­chen Rahmen sei­ner neuen Bestimmung und den neuen Eigentümern über­ge­ben wer­den. Die kleine Schlosskapelle mit dem Deckenfresko von Heinrich Bickel konnte in die neuen Wohnräume inte­griert wer­den. Außerdem wurde unter dem Vorplatz eine Tiefgarage mit 33 Pkw–Stellplätzen für die Bewohner geschaffen.

Palaisruine

Als Kronprinz Friedrich August 1824 die Weinberge erwarb, stan­den nur wenige Gebäude dar­auf. Neben der alten Weinpresse bestand ein Winzerhaus, das er zu einem Palais umbauen ließ. Schon 1890 wurde das Palais abge­ris­sen, denn es genügte den Wohnansprüchen der Prinzenfamilie nicht mehr. An sei­ner Statt wurde in unmit­tel­ba­rer Nähe die neue Königliche Villa erbaut. Die rui­nö­sen Überreste des Palais sind im Sommer bei grü­nem Bewuchs nur schwer aus­zu­ma­chen. Die Ruine soll in ihrem Zustand ver­blei­ben. Weder ein Wiederaufbau noch die Abtragung sind vorgesehen.

Königliche Villa

1890 wurde das Palais abge­ris­sen und statt­des­sen die Königliche Villa in unmit­tel­ba­rer Nachbarschaft nach Plänen von Wilhelm Teichgräber im Stil der Neorenaissance von 1892 bis 1893 erbaut. Neben Wohnräumen für die könig­li­che Familie ver­fügte diese Villa auch über eine kleine Hauskapelle. Friedrich August III. von Sachsen bewohnte die Villa mit sei­ner Familie ab 1894 bis zu sei­nem Regierungsantritt 1904. Bis zu sei­ner Abdankung 1918 nutzte er die Königliche Villa als Sommersitz. Ein letz­tes Mal hielt er sich im November 1918 darin auf. Das Wachwitzer Grundstück blieb noch bis 1945 im Besitz der Wettiner, die es als Sommerresidenz nutzten.

Die Königliche Villa diente bis 1990 der Fortbildung der Lehrer im Bezirk Dresden. Bis 1993 war sie der Sitz der Sächsischen Akademie für Lehrerfortbildung. Seit 1997 stand die Villa kom­plett leer und unge­nutzt. Nach über 20jährigem Leerstand folg­ten die Sanierung nach his­to­ri­schem Vorbild und der Umbau zu hoch­wer­ti­gen Eigentumswohnungen. Im Inneren blie­ben große Teile der ori­gi­na­len Ausstattung erhal­ten. 2011 wur­den die Wohnungen den neuen Eigentümer übergeben.

Presshaus

Das Presshaus war zwi­schen 1800 und 1802 als Wirtschaftsgebäude errich­tet wor­den. Zu jener Zeit diente es zur Bearbeitung der Traubenernte und den Bediensteten als Unterkunft. Im unte­ren Geschoss stand eine Doppelspindel-​Holzpresse. Am Südgiebel des Presshauses befin­det sich ein Kinderrelief des Hofbildhauers Ferdinand Pettrich, das tan­zende, trin­kende und musi­zie­rende Putti zeigt. Etwa 1895 wurde das Presshaus zum Stallgebäude umge­nutzt. 1936 und nach Kriegsende erfolg­ten Umbauten zu Wohnzwecken. Die Wohnnutzung dau­erte nur einige Jahre. Das Presshaus ver­fiel zur Ruine. Es wird auch als Weinpresse bezeichnet.

Altes und Neues Gärtnerhaus

Das Alte Gärtnerhaus befin­det sich direkt gegen­über der Königlichen Villa. Es war 1824 im Mittelteil bereits vor­han­den und erhielt im Jahre 1825 zwei Seitenflügel ange­fügt. Die Arbeiten stan­den unter der Leitung von Wilhelm Teichgräber und hat­ten eine Umnutzung zum Hofgärtnerhaus zum Ziel. Die Seitenflügel wur­den mit Reliefs von Hofbildhauer Ferdinand Pettrich ver­se­hen. Erneute Umbauten erfuhr das Gebäude im Jahre 1893. In der Folgezeit wurde es als Küchenhaus genutzt.

Das Neue Gärtnerhaus befin­det sich inmit­ten des Rhododendronparks. Es wurde anstelle eines Vorgängerbaus 1893 von Wilhelm Teichgräber errich­tet. Hierbei han­delte es sich um das Näthersche Haus, wel­ches 1889 abge­ris­sen wurde. Um 1900 diente das Anwesen als Wohnhaus des Gärtners des Königlichen Weinbergs Wachwitz. Nach der umfas­sen­den Sanierung wwer­den beide Gartenhäuser bewohnt.

Weitere Gebäude und bauliche Anlagen

Prinzenhaus: Das Prinzenhaus war ehe­mals ver­mut­lich eine Jagdhütte, die auf dem Gebiet des ehe­ma­li­gen Tiergartens errich­tet wurde. Das Gebäude steht heute leer.

Wirtschaftsgebäude: Das Wirtschaftsgebäude links des Alten Gärtnerhauses wird zum Teil auch als Winzerhaus bezeich­net. Es ent­stand an Stelle eines älte­ren Wohnhauses zwi­schen 1886 und 1890 unter Wilhelm Teichgräber und diente als Wohnsitz des Oberhofmeisters. Das heute sanierte und bewohnte Wirtschaftsgebäude grenzt direkt an den ehe­ma­li­gen Stall an.

Stallgebäude: Der ehe­ma­lige Reitstall wurde um 1850 erbaut. Umbauten nach heu­ti­gem Aussehen erfuhr das Gebäude 1935. Die Nutzung als Stall wurde auf­ge­ge­ben und das Gebäude in ein Wohnhaus umge­baut. Georg Blume (1910−2006) wuchs nach dem Tod sei­nes Vaters im Ersten Weltkrieg 1914 auf dem Wachwitzer Weinberg auf. Sowohl sein Urgroßvater als auch sein Großvater waren hier als könig­li­che Hofgärtner ange­stellt. Er setzte sich Zeit sei­nes Lebens für den Erhalt und die Pflege des Wachwitzer Weinbergs ein. Auf ihn gehen viele Publikationen über die Entstehung und die Geschichte des Wachwitzer Weinbergs zurück.

Weinbergkapelle: Über eine Treppenanlage gelangt man zu einer klei­nen Weinbergkapelle, die auf einem Felsen in den Weinbergen steht. Sie wurde 1825 von Landbaumeister Carl Moritz Haenel im neo­go­ti­schen Stil errich­tet und 1839 umge­baut. Ehemals vor­han­dene bunte Glasfenster der Privatkapelle der Wettiner wur­den 1945 zer­stört. Von 1996 bis 1997 wurde die Weinbergkapelle einer umfas­sen­den Sanierung unter­zo­gen. Die wei­te­ren Zuwegungen außer der Treppenanlage sind ver­wil­dert. Die Kapelle selbst blieb in den letz­ten Jahren von Schmierereien nicht verschont.

Weinbergsgrotte: Unterhalb der Weinbergskapelle befin­det sich eine Grotte, die offen­sicht­lich als künst­li­cher Staffagebau unter Ausnutzung des Felsens erbaut wurde. Die Grotte könnte einst zur küh­len Lagerung der in den Weinbergen geern­te­ten Trauben und im Preßhaus her­ge­stell­ten Weine genutzt wor­den sein. Seit meh­re­ren Jahren ist der Zugang zur Grotte aus Sicherheitsgründen und zum Schutz vor Vandalismus versperrt.

Winzerhaus: Das ehe­ma­lige Winzerhaus und Wirtschaftsgebäude, heute auch Haus am Park genannt, wurde 1889 als Wirtschaftsgebäude von Baumeister Eduard Beeger erbaut. Es steht am Rande des Rhododendronparks neben der neu errich­te­ten Villa Terscheck.

Marienhaus: Das Marienhaus wurde um 1810 als Wohnhaus erbaut. Friedrich August II. von Sachsen erwarb es 1854 und ließ es 1887 umbauen. Das Marienhaus diente sei­nem Sohn Friedrich August III. und des­sen Familie bis zur Fertigstellung der Königlichen Villa als vor­über­ge­hen­der Wohnsitz. In der unmit­tel­ba­ren Nähe zum Marienhaus befin­det sich eine Bogenbrücke, wel­che den Josef-​Hegenbarth-​Weg überspannt.

Königlicher Weinberg Wachwitz

Friedrich August II. von Sachsen, des­sen voll­stän­di­ger Name Friedrich August Albert Maria Clemens Joseph Vincenz Aloys Nepomuk Johann Baptista Nikolaus Raphael Peter Xaver Franz de Paula Venantius Felix von Sachsen lau­tete, hatte 1824 als Kronprinz zwei Weinberge erwor­ben. Er ließ das Areal bis 1853 nach sei­nen per­sön­li­chen Vorstellungen anle­gen und umge­stal­ten. Der Königliche Weinberg Wachwitz ver­fügte zu die­ser Zeit über etwa 2 ha Rebfläche und wurde um 1830 teil­weise als Tiergehege genutzt. Nach dem Tod des Königs 1854 wurde der kleine Tierpark wie­der aufgelöst.

Zwischen Niederpoyritz und dem Königlichen Weinberg ließ Friedrich August, mitt­ler­weile König von Sachsen, einen spä­ter “Königsweg” genann­ten Weg anle­gen, um sei­nen Grundbesitz beque­mer und zügi­ger errei­chen zu kön­nen. Der Weg wurde nach 1877 kaum noch genutzt. In den 1980er Jahren wurde der Weinberg wie­der auf­ge­rebt, in meh­rere Parzellen auf­ge­teilt und von Hobby- und Kleinweinbauern bewirtschaftet.

Über die Himmelsleiter wird ein Rondell erreicht, von dem aus der Panoramaweg durch den Weinberg führt. Vom Rondell aus bie­tet sich ein wei­ter Blick über die Stadt Dresden. Es war einst Bestandteil der baro­cken Augustusbrücke in Dresden, wel­che 1903 abge­bro­chen wer­den musste. Fünf Jahre spä­ter ließ König Friedrich August III., Sachsens letz­ter König, das Rondell in sei­nem Weinberg wie­der auf­bauen. 2005 wurde das Rondell auf Initiative der Weinbauge-​meinschaft Loschwitz /​ Wachwitz unter Zuhilfenahme von Fördermittelprogrammen rekon­stru­iert. Außerdem konn­ten in der Nachwendezeit Trockenmauern saniert und dadurch erhal­ten werden.

Heute umfasst das Areal des Königlichen Weinbergs als Sachgesamtheit etwa 27 Hektar. Neben dem Weinberg gehö­ren auch die Flächen des Rhododendronparks, der Königlichen Villa, der Weinbergkapelle, von Schloss Wachwitz, der Nebengebäude und wei­tere Anwesen am Wachwitzer Weinberg, am Josef-​Hegenbarth-​Weg sowie am Kotzschweg dazu.

Rhododendronpark

Unterhalb von Schloss Wachwitz und in Nachbarschaft zur Königlichen Villa befin­det sich der Rhododendronpark Wachwitz aus neue­rer Zeit. Nach zwei­jäh­ri­ger Gestaltungs- und Bauzeit wurde er am 13. Mai 1972 eröff­net. Als Begründer des Parks gilt Gartenbauingenieur Karl Scholz, der an die­sem Gartenprojekt unter ande­rem mit Werner Dänhardt vom Institut für Gartenbau in Pillnitz, dem Gartengestalter und Diplomgärtner Henke, Siegfried Sommer von der TU Dresden und vie­len frei­wil­li­gen Helfern zusam­men­ar­bei­tete. Die Parkanlage ist etwa 10.000 m² groß und beher­bergt unge­fähr 1.000 Rhododendren in 200 Sorten und 60 Arten. Auch Azaleen und wei­tere Ziersträucher sind im Park behei­ma­tet. Er ist ganz­jäh­rig kos­ten­frei zugän­gig und vor allem zur Blütezeit im Mai ein belieb­tes Naherholungs- und Ausflugsziel.

Nachwendezeit

Nach 1990 ent­wi­ckelte sich ein Rechtsstreit um den ehe­ma­li­gen Wettinischen Besitz. Mehrere Erben des Hauses Wettin stell­ten 2002 Rückgabeansprüche gegen den Freistaat Sachsen. Mitte 2003 wur­den die Ansprüche vom Verwaltungsgericht Dresden zurück­ge­wie­sen, wor­auf­hin die Erben Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg ein­reichte. Auch diese blieb erfolg­los, alle Ansprüche wur­den abgelehnt.

Der Freistaat Sachsen bemühte sich viele Jahre erfolg­los um einen Verkauf des Areals Wachwitzer Weinberg. Das rie­sige Grundstück mit­samt allen Aufbauten und dem Rhododendronpark stellte in jeder Hinsicht eine beson­ders große Herausforderung ange­sichts der zuneh­mend ver­fal­len­den Gebäudesubstanz und sei­ner emo­tio­na­len Verantwortung dar.

Im Sommer 2007 erwarb eine bekannte Dresdner Immobilienfirma Schloss Wachwitz, den Rhododendronpark und alle dem Weinberg zuge­hö­ri­gen Gebäude. Vertraglich wurde ver­ein­bart, dass der Rhododendrongarten und die Hauptwanderwege für die Öffentlichkeit wei­ter­hin zugäng­lich blei­ben. Pläne, im Schloss den Firmensitz zu errich­ten, wur­den zuguns­ten einer Wohnraumnutzung wie­der ver­wor­fen. Alle Gebäude konn­ten nach und nach auf­wen­dig saniert und in Wohnraum umfunk­tio­niert wer­den. Gewächshäuser wur­den abge­ris­sen, kleine Wohnneubauten ent­stan­den stattdessen.

Heutige Nutzung

Alle Gebäude bis auf das Prinzenhaus, die Weinbergskapelle mit der Grotte und die rui­nö­sen Überreste des Palais wer­den bewohnt. Der unmit­tel­bare Außenbereich von Schloss Wachwitz ist mitt­ler­weile nicht mehr öffent­lich zugäng­lich. Die Palaisruine soll als sol­che erhal­ten blei­ben. Der Königliche Weinberg Wachwitz ist heute vor allem im Mai ein belieb­tes Ausflugsziel, wenn die zahl­rei­chen Rhododendren in aller Farbpracht blühen.


 

In eige­ner Sache:

Dieser Artikel ist mit zahl­rei­chen wei­te­ren Bildern, dar­un­ter auch viele Fotos der unsa­nier­ten Gebäude, als umfang­rei­che Ausarbeitung auf 58 Seiten im PDF-​Format auf Anfrage erhältlich.

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